Mit Urteil vom 29.07.2021 hat das OLG Stuttgart in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale die Berufung einer Hotelbetreiberin gegen die landgerichtliche Verurteilung zur Unterlassung der Werbung unter Hinweis auf eine nicht mehr bestehende Sterneklassifizierung zurückgewiesen (OLG Stuttgart Urteil vom 29.07.2021, Az. 2 U 163/20 – nicht rechtskräftig; Vorinstanz: LG Ellwangen (Jagst) Urteil vom 30.04.2020, Az. 3 O 485/19).
Gegenstand der Klage waren die werblichen Darstellungen auf der Internetseite der beklagten Hotelbetreiberin. Die der Beklagten seitens des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes e.V. (DEHOGA Bundesverband) im Jahr 2018 erteilte Auszeichnung mit vier Sternen war infolge einer Kündigung des zugrundeliegenden Hotelklassifizierungsvertrages nach Ablauf einer Aufbrauchfrist zum 12.4.2019 wirksam widerrufen worden. Auf der Internetseite der Beklagten waren dessen ungeachtet bis zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung unmittelbar über dem Hotellogo vier fünfzackige Sterne abgebildet.
Der Senat bewertete die betreffende Werbung als irreführende Handlung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG, da die Beklagte den Eindruck erwecke, es bestünde eine aktuell gültige Sterneklassifizierung des DEHOGA. Die Beklagte sei infolge der Kündigung des Hotelklassifizierungsvertrages jedoch nicht mehr berechtigt gewesen, unter Angabe der Sterneklassifizierung für ihren Betrieb zu werben.
Der Verbraucher erkenne nach Auffassung des Senats in den Sternedarstellungen die Bewertung von Hotels in Bezug auf Ausstattung und Komfort nach einem allgemein anerkannten und langjährig bestehendem Verfahren. Die Klassifizierung werde als Ergebnis einer wertenden Betrachtung seitens der Prüfer, die auf entsprechende Erfahrung in der Bewertung von Beherbergungsbetrieben zurückgreifen können und so eine uneingeschränkte Vergleichbarkeit der derselben Kategorie zugeordneten Häusern gewährleisten, wahrgenommen.
Es sei nach Auffassung des Senates unerheblich, dass der Verbraucher den klassifizierenden Verband nicht kennt. Der Verbraucher erwarte, dass die für die Klassifizierung maßgeblichen Kriterien von derjenigen Stelle einheitlich angewandt werden, die branchenüblich für die Vergabe von Sternen – hier der DEHOGA – zuständig ist.
Die beklagtenseitig vorgelegten Hinweise auf anderweitige Bewertungen durch vorgeblich neutrale Dritte mit entsprechender Kompetenz – eine Eintragung des Betriebes im „Schlummeratlas“ sowie diverse Bewertungen auf Onlinebewertungs- und Reisebuchungsportalen – wies das Gericht als ungeeignet zurück, da insoweit keine Vier-Sterne-Bewertung vorgetragen wurde.
Nach den aufgezeigten Kriterien erwarte der Verbraucher im vorliegenden Fall, dass die Beklagte über eine gültige Auszeichnung des DEHOGA als Vier-Sterne-Hotel verfüge. Über diese Erwartung werde er getäuscht.
Die Beklagte hat gegen die Nichtzulassung der Revision Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt.
Die Wettbewerbszentrale erhält regelmäßig Beschwerden über wettbewerbswidrige Werbung von Hotelbetreibern mit Hotelsternen. Anlass hierfür ist die verstärkte Verfolgung von unberechtigter Werbung mit Hotelsternen insbesondere durch die zertifizierenden Stellen infolge einer Fernsehberichterstattung des ZDF im Juli 2016. Dort wurde der Vorwurf erhoben, Kontrollen der mit Sternen werbenden Hotelbetriebe würden nicht konsequent durchgeführt. Zudem schmückten sich ausweislich der Berichterstattung viele Hotelbetriebe unberechtigt mit Sternen.
Weiterführende Informationen
News der Wettbewerbszentrale vom 01.10.2013 // Immer wieder Ärger mit den Sternen >>
Zur Sternewerbung bei Ferienimmobilien:
News der Wettbewerbszentrale vom 20.01.2015 // Sterne-Werbung für Ferienimmobilien >>
Zu Schiffs-Sternen:
News der Wettbewerbszentrale vom 13.09.2012 // Irreführende Werbung mit „Schiffs-Sternen“ >>
(F 2 0463/19)
pm
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