In einer aktuellen Entscheidung hat Landgericht Köln entschieden, dass eine Influencerin Postings auf Instagram, als Werbung kennzeichnen muss, auch wenn sie für diese Beiträge keine Werbeeinnahmen erhalten hat (Entscheidung v. 21.07.2020, Az. 33 O 138/19). Die redaktionellen Angaben der Beklagten reichten dem Gericht nicht aus, um den Beitrag als ausschließlich der Information und Meinungsbildung der Adressaten dienend anzusehen.
Dem Fall des LG Köln lag ein ähnlicher Sachverhalt zu Grunde wie auch diversen anderen Entscheidungen zum sogenannten „Influencer-Marketing“. Die Instanzgerichte kommen dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen, mal müssen Influencer ihre unbezahlten Post als Werbung kennzeichnen und mal nicht, so dass es für Influencer nicht klar ist, wie sie sich verhalten müssen (vgl. News v. 07.07.2020 // Müssen Influencer auf Instagram & Co Links zu Produkten und Herstellern immer – unabhängig von einer konkreten Bezahlung – als Werbung kennzeichnen? >>). Es ist immer der konkrete Einzelfall genau zu prüfen. Und im Zweifel geht eine fehlende Kennzeichnung zu Lasten des Influencers, sodass auf jeden Fall vorsicht geboten ist.
Der Fall vor dem LG Köln
Die Beklagte ist eine junge Influencerin, die im Bereich Mode und Lifestyle auf YouTube sowie auf ihrem unter einem Pseudonym laufenden Account bei Instagram regelmäßig Beiträge, Storys und Bilder veröffentlicht. Unter anderen werden auf dem Instagram Account Fotos so „getaggt“, dass der Name der Hersteller der von ihr getragenen Kleidungsstücke oder Accessoires angezeigt wird, sofern man das Bild anklickt. Klickt man dann auf den Namen der Unternehmen, die erscheinen, erfolgt eine Weiterleitung auf die Instagram-Seite des jeweiligen Herstellers.
Der Kläger rügt insgesamt drei solchermaßen „getaggten“ Bilder, die die Influencerin auf ihrem Instagram Account veröffentlicht hat. Eins der Posts zeigt die Beklagte in einem Wald. Sie fragt die Betrachter, welches Outfit sie wählen soll. Auf dem zweiten Posting sieht man die Influencerin gestylt, die erscheinenden Namen geben den Fotographen, den Stylisten, eine Kosmetikfirma sowie ein Lifestylemagazin wieder, von dem die Beklagte einen Preis verliehen erhielt. Auf dem dritten Posting posiert die Beklagte mit einem Dirndl auf dem Oktoberfest 2019.
Der Kläger ist der Ansicht, alle Posts müssten als Werbung gekennzeichnet werden, weil die Fotos einen kommerziellen Zweck verfolgen.
Die Beklagte hält die Posts ohne Kennzeichnung für zulässig, weil mit den verlinkten Unternehmen keine Werbeverträge bestünden. Sie habe die Tags aus redaktionellen Gründen gesetzt. Die Beklagte habe die Kleidung selbst gekauft und bezahlt. Alleine aus urheberrechtlichen Gründen habe sie den zweiten Post verlinkt. Zwar habe sie das Dirndl und die Handtasche auf dem dritten Post unverlangt zugeschickt bekommen, aber keine Werbeverpflichtung gehabt.
Rechtliche Einordnung durch das LG Köln
Das LG Köln bejaht zunächst das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung, auch wenn keine Werbeverträge zwischen der Influencerin und den Unternehmen bestünden, deren Kleidung und Accessoires sie präsentiere.
Die Beklagte fördere mit ihren Bildern sowohl die Unternehmen, deren Kleidung und Accessoires sie trägt, als auch das eigene Unternehmen als Influencerin. Die fremden Unternehmen würden durch die sogenannte Aufmerksamkeitswerbung zumindest mittelbar in ihrem Absatz gefördert. Aber auch das eigene Unternehmen fördere die Beklagte, weil sie sich mit den Postings als potentielle Werbepartnerin präsentiere und so auch für ihre Posts werbe, die sie gegen Entgelt auf ihrem Instagram Account eingestellt hat. Das Landgericht ist der Ansicht, dass dies für das Posting mit der Frage nach dem Outfit und mit dem Bild vom Oktoberfest 2019 ohne weiteres vorliege. Aber selbst bei dem Foto aus Anlass der Verleihung eines Preises liege ein geschäftliches Handeln vor.
Die redaktionellen Angaben der Beklagten reichten nicht aus, um den Beitrag als ausschließlich der Information und Meinungsbildung der Adressaten dienend anzusehen. Es komme daher nicht entscheidend darauf an, ob die Beklagte für die Posts mit den Unternehmen eine Bezahlung erhalte oder nicht. Der kommerzielle Zweck ergebe sich auch nicht aus den Umständen. Im Übrigen drohe auch keine Überkennzeichnung der Posts mit dem Begriff „Werbung“, die dann nicht mehr ernst genommen werden würden. Den Werbenden sei selbst überlassen, wie sie auf den kommerziellen Zweck ihrer geschäftlichen Handlungen hinwiesen. Daher könnten diese auch als Eigenwerbung oder unbezahlte Werbung o.ä. bezeichnet werden.
Entscheidungen des OLG Hamburg und OLG München
Bei der Frage, ob die fehlende Kennzeichnung unlauter ist, kommen die Hamburger Richter zu einem anderen Ergebnis als das LG Köln (OLG Hamburg, Urteil v. 02.07.2020, Az. 15 U 142/19). In dem vom OLG Hamburg zu entscheidenen Fall stuften die Richter die Posts nicht als wettbewerbswidrig ein, auch wenn sie nicht als Werbung gekennzeichnet waren. Der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung ergebe sich aus den Umständen und sei für einen Verbraucher auf den ersten Blick erkennbar (vgl. News v. 07.07.2020 // Müssen Influencer auf Instagram & Co Links zu Produkten und Herstellern immer – unabhängig von einer konkreten Bezahlung – als Werbung kennzeichnen? >>). Zu diesem Ergebnis kommt auch das OLG München, das mit seinem Urteil im Ergebnis eine Entscheidung des LG München bestätigt (OLG München, Urteil v. 25.06.2020, Az. 29 U 2333/19). Das Gericht entschied, dass die Posts der beklagte Influencerin keine getarnte Werbung darstellen. Das OLG ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass die Influencerin keine Gegenleistung für ihre Posts erhalten habe. Das OLG München verneinte sogar die geschäfltiche Handlung und ist der Ansicht, dass selbst wenn die Posts der Förderung des eigenen Images zur Erlangung von Werbeverträgen dienen würden und man deshalb vom Vorliegen einer geschäftlichen Handlung ausgehen würde, wäre diese nicht gemäß § 5a Abs. 6 UWG unlauter, da sich dieser kommerzielle Zweck der Handlung unmittelbar aus den Umständen ergebe und es daher einer besonderen Kenntlichmachung nicht bedurfte. Die Erkennbarkeit des gewerblichen Handelns muss in jedem Einzelfall geprüft werden und die Entscheidung kann daher nicht generell mit Blick auf andere Influencer verallgemeinert werden.
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung des LG Köln zum Urteil v. 21.07.2020, Az. 33 O 138/19) >>
OLG München, Urteil v. 25.06.2020, Az. 29 U 2333/19) >>
Entscheidungen zum Influencer Marketing in der Datenbank der Wettbewerbszentrale (Login erforderlich)
OLG Frankfurt a. M., Beschluss v. 28.06.2019, Az. 6 W 35/19 >>
LG München I, Urteil v. 29.04.2019, Az. 4 HK O 14312/18 >>
LG Karlsruhe, Urteil v. 21.03.2019, Az. 13 O 38/18 KfH, AfP 2019 >>
OLG Braunschweig, Hinweisbeschluss v. 08.01.2019, Az. 2 U 89/19 >>
Anderer Ansicht ist das KG Berlin, Urteil v. 08.01.2019, Az. 5 U 83/18 >>
cb
Weitere aktuelle Nachrichten
-
Wettbewerbszentrale setzt Werbekennzeichnung im Influencer-Marketing durch
-
OLG Hamm: Unternehmen haftet für Fehler in Google Shopping-Anzeige
-
BMJ veröffentlicht Diskussionsentwurf zur Umsetzung der EmpCo-Richtlinie – Werbung mit Green Claims wird reguliert
-
Wettbewerbszentrale beanstandet Verlängerung einer zeitlich begrenzten Rabattaktion eines Online-Möbelhändlers als wettbewerbswidrig
-
BGH schafft Klarheit: Verkauf von Dekoartikeln durch Gartencenter an Sonntagen ist zulässig