In einem aktuell veröffentlichten Urteil hält der Bundesgerichtshof an seiner strengen Rechtsprechung bei der Werbung mit Testsiegeln fest und verlangt auch dann, wenn in einem Werbeprospekt eine Produkteverpackung mit einem darauf angebrachten Testsiegel enthalten ist, eine Fundstellenangabe für diesen Test (Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.04.2021, Az. I ZR 134/20).
Zum Sachverhalt
Ein Baumarkt bewarb in einem seiner Prospekte den Verkauf von Wandfarbe mit dem Bild eines Farbeimers. Auf dem Farbeimer befand sich erkennbar ein Testlogo der Stiftung Warentest, das im oberen Bereich beschriftet war mit dem lesbaren Hinweis „Testsieger“. Eine Fundstelle, wo dieser Test nachzulesen ist, wurde in dem Prospekt nicht angegeben.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes
Der Bundesgerichtshof urteilte dazu, dass die Nichtangabe der Fundstelle für den Test in dem Prospekt ein Wettbewerbsverstoß sei, weil dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten werde, die er nach den Umständen benötige, um eine geschäftliche Entscheidung zu treffen. Er knüpft damit an seine bisherige Rechtsprechung, wonach er bei der Werbung mit Testergebnissen eine Fundstellenangabe verlangt hat, an. Es bestehe ein erhebliches Interesse des Verbrauchers zu erfahren, wie sich die Bewertung des so beworbenen Erzeugnisses in das Umfeld der anderen bei dem Test untersuchten Produkte einfüge.
Die Verpflichtung zur Fundstellenangabe entfalle im konkreten Fall bei der Abbildung des Farbeimers auch nicht deswegen, weil die Testwerbung in dem Prospekt nicht besonders herausgestellt sei. Die Fundstellenangabe sei dem Werbenden auch zumutbar. Daran ändere sich auch dann nichts, wenn der Verbraucher die Möglichkeit habe, die Information im Internet zu suchen. Die Fundstellenangabe sei erforderlich, um den Rechercheaufwand des Verbrauchers auf ein zumutbares Maß zu beschränken.
Der beklagte Baumarkt sei auch für das zur Verfügung stellen der Information verantwortlich, weil er sich mit der Abbildung des Farbeimers in seiner Prospektwerbung die Aussage über das Produkt zu eigen gemacht habe. Damit hält der Bundesgerichtshof an der bisher strengen Rechtsprechung zur Fundstellenangabe fest.
Allgemeine Grundsätze für Warentests
Die Durchführung von Warentests ist nach einer Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1966 als Meinungsäußerung grundsätzlich zulässig. Der BGH hat in der Folgezeit in seiner Rechtsprechung inhaltliche Kriterien formuliert und dabei festgelegt, dass Warentests
durchgeführt werden müssen. Er hat allerdings den Anbietern solcher Tests einen gewissen Spielraum bei der Erstellung und Gewichtung der Kriterien zugebilligt. Findet allerdings gar keine objektive und nachvollziehbare Prüfung durch den Testanbieter statt, untersagen die Gerichte die Vergabe und Werbung mit Testsiegeln als irreführend (so OLG Rostock, Urteil vom 15.10.2014, Az. 2 U 12/14).
Die Rechtsprechung greift inhaltlich in die Testergebnisse nur bei nachgewiesenen Fehlern ein. So hat das OLG München die Weiterverbreitung eines Testergebnisses verboten, bei dem eine wesentliches Kriterium für die schlechte Bewertung eines Produktes nur auf einer Vermutung basierte (OLG München, Urteil vom 09.09.2014, Az. 18 U 516/14 – Voll-Nuss).
Auch können Siegel nicht vergeben und beworben werden für spezielle Produkte wie Arzneimittel, weil das gegen das spezialgesetzlich geregelte Empfehlungsverbot aus dem Heilmittelwerbegesetz verstoßen würde (OLG Frankfurt, Urteil vom 12.02.2015, Az. 6 U 184/14).
Rechtsprechung zur Werbung mit Testergebnissen
In den Jahren seit der BGH-Entscheidung zur Zulässigkeit von Warentests hat sich eine umfangreiche Rechtsprechung zur Werbung der Unternehmen mit Testergebnissen für ihre Produkte und Dienstleistungen ergeben.
Die Verpflichtung zur Angabe einer Fundstelle ist von den Gerichten immer wieder bestätigt worden (u.a. OLG Frankfurt, Urteil vom 31.03.2016, Az. 6 U 51/15 und OLG Oldenburg, Urteil vom 31.07.2015, Az, 6 U 64/15). Der BGH hat die Verpflichtung zur Fundstellenangabe dabei auch auf die Werbung mit Zertifikaten (Siegeln) ausgedehnt (BGH, Urteil vom 21.07.2016, Az. I ZR 26/15 LGA Tested).
Auch zur inhaltlichen Werbung mit Testergebnissen gibt es viele Entscheidungen. So hat das OLG Düsseldorf festgestellt, dass ein Unternehmen sein Produkt auch dann zum Testsieger erklären darf, wenn der Veranstalter des Tests gar keinen Sieger gekürt hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.09.2015, Az. I-15 U 24/15). Nach dieser Entscheidung kommt es nur darauf an, dass tatsächlich kein anderes Produkt in dem Test besser abgeschnitten hat.
Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass wenn in der Werbung auf positive Teilergebnisse hingewiesen wird, die ein Produkt bei der Stiftung Warentest erzielt hat, ist grundsätzlich auch auf das – demgegenüber schlechtere – Gesamtergebnis hinzuweisen ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 20.09.2018, Az. 6 U 127/17). Aus dieser Entscheidung ergibt sich auch, das die Werbung mit Einzelergebnissen aus Test dann unzulässig ist, wenn durch die alleinige Erwähnung von Einzelergebnissen überdeckt wird, dass das Produkt insgesamt schlecht abgeschnitten hat.
Gibt das Testsiegel/Zertifikat nur die Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderung wieder, ist die Vergabe und Werbung nach der Rechtsprechung irreführend, weil deren Einhaltung selbstverständlich ist und kein gutes Testergebnis rechtfertigt (OLG München, Urteil vom 15.01.2015, Az. 6 U 1186/14).
Weiterführende Informationen
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.04.2021, Az. I ZR 134/20) >>
News vom 29.08.2014,Testwerbung ja – aber bitte vollständig >>
F 5 0216/21
pbg
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