Der Bundesgerichthof (BGH) hat mit Urteil vom 21.12.2011, Az. I ZR 190/10 entschieden, dass die Regelungen der Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen neuer Personenkraftwagen (Pkw-EnVKV) auch für Vorführwagen gelten können.
In § 1 Abs. 1 Pkw-EnVKV ist geregelt, dass Hersteller oder Händler beim Angebot „neuer“ Personenkraftwagen Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen nach Maßgabe der Verordnung machen müssen. Als „neue Personenkraftwagen“ definiert die Verordnung Fahrzeuge, „die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden.“ (§ 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV).
In dem vom Bundesgerichtshof beurteilten Fall hatte die Beklagte auf einer Internet-Plattform einen Pkw ohne Verbrauchs- und Emissionsangaben mit u. a. folgenden Hinweisen angeboten:
Vorführfahrzeug …
EZ 3/2009
500 km
Das Landgericht Mainz verurteilte den Autohändler zur Unterlassung wegen der fehlenden Kraftstoffverbrauchs- und CO2-Emissionsangaben. Das OLG Koblenz hingegen hob im Berufungsverfahren das Urteil auf und wies die Klage ab, weil es sich bei dem angebotenen Pkw nicht um einen Neuwagen im Sinne der Pkw-EnVKV gehandelt habe. Das Fahrzeug sei nämlich bereits im Verkehr benutzt worden, wie die Laufleistung von 500 km belege.
Der BGH hat in seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass mit der Pkw-EnVKV eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt worden sei, die eine eigenständige Definition des Begriffs des „neuen Personenkraftwagen“ enthalte. Mithin könne nicht auf einen im deutschen Recht entwickelten Begriff des „Neuwagens“ zurückgegriffen werden, der im Kaufrecht oder Wettbewerbsrecht zur Anwendung gelange. Vielmehr müsse auf die in der Verordnung enthaltene Definition abgestellt werden, welche an sich auf die Motivlage bei der Anschaffung des Fahrzeugs abstelle. Dabei komme es aber nicht auf etwaige subjektive Vorstellungen des Händlers bei dem Erwerb eines Fahrzeugs an. Diese seien ohnehin kaum zu ermitteln. Es sei vielmehr auf objektivierbare Umstände abzustellen, so zum Beispiel auf die Laufleistung des Fahrzeugs. Biete ein Händler ein Fahrzeug mit einer geringen Laufleistung (bis 1.000 km) an, sei davon auszugehen, dass er dieses Fahrzeug zum Zwecke des Weiterverkaufs erworben habe. Bei einer höheren Laufleistung spräche einiges dafür, dass der Autohändler das Fahrzeug (auch) zu einer nicht ganz unerheblichen Eigennutzung erworben habe.
In der Praxis wird es neben dem genannten Kriterium der Laufleistung auch auf andere – objektivierbare – Kriterien ankommen können. So z. B. bei dem Anbieten eines Luxusfahrzeugs mit einer besonderen Ausstattung, welches sich nicht wie ein Fahrzeug eines Volumenherstellers verkaufen lässt.
Quelle und weiterführende Informationen
Pressemitteilung des BGH vom 23.12.2011 >>
News der Wettbewerbszentrale: Vorführwagen und die Energieverbrauchskennzeichnung >>
ao
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