Für den Anwendungsbereich der Pkw-EnVKV wird der Begriff „neue Pkw“ in § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV definiert als „Kraftfahrzeuge …, die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden“.
Bislang haben das OLG Stuttgart (Beschluss vom 08.02.2008, Az. 4 U 1381/07), das KG Berlin (Urteil vom 20.11.2009, Az. 5 U 115/07; Beschluss vom 15.09.2009, Az. 5 U 116/08, Beschluss vom 11.05.2007, Az. 5 U 190/06 ) und auch der 4. Senat des OLG Koblenz (Beschluss v. 08.02.2008, Az. 4 U 1383/07) auf die beabsichtigte Nutzung des Fahrzeuges zum Zeitpunkt des Verkaufs des Fahrzeuges an den Händler abgestellt mit dem Ergebnis, dass im Anwendungsbereich der Pkw-EnVKV ein Vorführwagen genauso wie z. B. eine Tageszulassung ein „neuer Pkw“ ist. Auch ein Vorführwagen sei zum Zweck des Weiterverkaufs an den Händler verkauft worden. Auch bei einem Vorführwagen liege die Absicht des Händlers darin, das Fahrzeug bei sich bietender Gelegenheit an einen Kunden zu verkaufen. Die zwischenzeitliche Nutzung als Vorführwagen ändere daran nichts.
Abweichend davon ist der 9. Senat des OLG Koblenz in einem kürzlich durch die Presse verbreiteten Urteil vom 13.10.2010, Az. 9 U 518/10, zu dem Ergebnis gekommen, dass der einzige Zweck eines Vorführwagens darin liege, als Vorführwagen genutzt zu werden. Statt auf die Absicht des Händlers stellt der Senat dabei auf die Erwartung des Verbrauchers ab. Mit „neu“ verbinde der Verbraucher „von der letzten Lieferung“, „soeben eingetroffen“, frisch“, „noch ungebraucht“, „nicht abgenutzt“. Dann stellte der Senat auf die Definition des Begriffs „Neufahrzeug“ ab, die der BGH mit Urteil vom 18.06.1980, Az. VIII ZR 185/79, darauf gestützt hatte, dass der Verbraucher von einem Neufahrzeug erwarte, dass es fabrikneu, also noch nicht im Straßenverkehr benutzt worden sei, und ein Vorführfahrzeug daher kein „Neufahrzeug“ sein könne.. Zusätzlich argumentierte der Senat damit, dass auch nach dem Urteil des EuGH vom 16.01.1092, Az. RS C 129/91, nur Fahrzeuge, die „niemals gefahren“ worden sind, „neu“ seien.
Zweifelhaft nach hier vertretener Auffassung ist, ob auch für „neue Pkw“ i. S. v. § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV tatsächlich die Definition des Begriffs „Neufahrzeug“ als „fabrikneu“ und „noch nicht im Straßenverkehr benutzt“ gilt. In dem Urteil vom 18.06.1980, Az. VII ZR 185/79, war der BGH mit Gewährleistungsansprüchen befasst d.h. damit, ob die Beschaffenheit des gelieferten Sache von der der gekauften abweicht (vgl. §§ 434 ff. BGB). Die Zielrichtung der Pkw-EnVKV dagegen ist, dem Verbraucher Informationen über die CO2-Emissionen und den Kraftstoffverbrauch zur Verfügung stellen will, damit er sich für ein sparsameres Fahrzeug entscheidet.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der BGH in einem vom 9. Senat des OLG Koblenz nicht berücksichtigten Urteil vom 15.09.2010, Az. VIII ZR 61/09, die Auffassung vertreten hat, dass bei der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen die Definition des Begriffs „neue Pkw“ i. S. v. § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV keinen Einfluss darauf haben könne, ob ein Vorführwagen als „Neufahrzeug“ zu qualifizieren sei (vgl. Rz. 15).
Der 9. Senat des OLG Koblenz ließ die Revision zum BGH zu. Mithin muss abgewartet werden, wie der BGH entscheidet. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte bis dahin wegen der bereits erwähnten Entscheidungen des OLG Stuttgart, des KG Berlin und des 4. Senats des OLG Koblenz bei Vorführfahrzeugen die Angabe des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen erfolgen.
sp
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