Mit News vom 04.01.2016 >> berichtete die Wettbewerbszentrale über die Pressemitteilung des OLG Frankfurt zu seiner Entscheidung, dass der Ausschluss des Vertriebs über Internetplattformen im selektiven Vertriebssystem zulässig sei. Nunmehr liegt das vollständige Urteil vor, das jedoch noch nicht rechtskräftig ist. Das Gericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen (OLG Frankfurt, Urteil vom 22.12.2015, Az. 11 U 84/14 (Kart) – nicht rechtskräftig).
Ein Hersteller qualitativ hochwertiger Funktionsrucksäcke für Radfahren, Wandern, Trekking, Klettern und Hochtouren verlangte, dass sich die Händler in den Lieferverträgen verpflichten, die Produkte nicht über die Verkaufsplattform Amazon oder über bestimmte Preissuchmaschinen anzubieten. Dagegen hatte ein Händler geklagt.
In Bezug auf das Vertriebsverbot über die Internetplattform Amazon wies das OLG Frankfurt die Klage ab. Es sah in der Vertragsbedingung keinen Missbrauch einer marktstarken Stellung. Im Rahmen des selektiven Vertriebssystems des Herstellers sei das Plattformverbot erforderlich, um einerseits den Beratungsbedarf des Kunden zu sichern und andererseits die Signalisation einer hohen Produktqualität sicher zu stellen.
Die in einem Geschäftslokal erhältliche Beratung lasse sich zwar naturgemäß nicht 1:1 im Onlinehandel durchsetzen, es sei aber nicht ersichtlich, wie der Beratungsbedarf bei einem Verkauf über Amazon gesichert werden könne. Auch scheine die Signalisierung einer hohen Produktqualität auf der Plattform Amazon nicht zu gewährleisten zu sein. Die einheitliche Darstellung aller Produkte, gleich welcher Art und Qualität, biete keinen Raum für eine Differenzierung, die das Markenimage zum Ausdruck bringe. Die Einrahmung des Händlershops durch das Amazon-Logo und die entsprechenden Links überlagerten jede individuelle Gestaltung. Der Kunde kaufe nach seiner Wahrnehmung selbst dann bei Amazon, wenn Vertragspartner tatsächlich ein anderer Händler sei, der lediglich die Plattform als Vertriebskanal nutze. Die Person des tatsächlichen Vertragspartners scheine völlig nebensächlich zu sein. Auch in dem auf der Plattform eingerichteten Händlershop werde kaum deutlich, welche Informationen vom Händler und welche von Amazon stammten. Dem Hersteller werde in der Wahrnehmung der Verbraucher damit ein Händler „untergeschoben“, mit dem er keine Vertragsbeziehung unterhalte und auf dessen Geschäftsgebaren er keinen Einfluss nehmen könne.
Außerhalb selektiver Vertriebssysteme hatte das OLG Schleswig auf eine Klage der Wettbewerbszentrale entschieden, dass es unzulässig ist, in Lieferverträgen den Ausschluss des Vertriebs über Internetplattformen wie eBay oder Amazon auszuschließen (vgl. Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale vom 17.06.2014 // Kamerahersteller Casio Europe darf Vertrieb über Internetplattformen nicht ausschließen >>).
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wn
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