Das LG Darmstadt hat jüngst eine Fluggesellschaft verurteilt es zu unterlassen, die verbraucherseitige Geltendmachung von Ansprüchen aus der Fluggastrechte-VO (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) mittels E-Mail nicht zu akzeptieren und die Anspruchsteller stattdessen auf ein eigenes Online-Formular zu verweisen (LG Darmstadt, Urteil vom 01.04.2022, Az. 8 O 240/21 – nicht rechtskräftig).
Anlass für die Klage eines Verbraucherschutzverbandes war eine Beschwerde eines Verbrauchers, der per E-Mail Ansprüche nach der Fluggastrechte-VO gegenüber der beklagten Fluggesellschaft geltend machen wollte. Auf seine E-Mail erhielt er eine Antwort der Fluggesellschaft, wonach er seine Reklamation bei deren Kundenbetreuung unter Verwendung eines verlinkten Online-Formulars einreichen solle. Die Verwendung des Online-Formulars ermögliche es, „dass alle relevanten Informationen strukturiert erfasst werden und eine korrekte Bearbeitung Ihrer Reklamation sichergestellt ist.“ Die Verwendung des Online-Formulars erforderte die Eingabe persönlicher Angaben des Verbrauchers.
Die beklagte Fluggesellschaft verweigerte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gegenüber der abmahnenden Verbraucherzentrale und änderte stattdessen lediglich den Wortlaut der automatisierten Antwort auf verbraucherseitige E-Mail-Reklamationen in eine reine Eingangsbestätigung.
Das LG Darmstadt bewertete die an Verbraucher gerichtete Antwort der Fluggesellschaft als die Fluggastrechte-VO einschränkenden Hinweis darauf, dass Ansprüche nach dieser nur über die die von der beklagten Fluggesellschaft angebotenen Internetseite geltend gemacht werden könnten. Da die Fluggastrechte-VO gerade keine bestimmte Form für die Geltendmachung verbraucherseitiger Ansprüche vorschreibt, könne hierfür keine entsprechende Vorgabe zur Verwendung eines bestimmten Formulars gemacht werden.
Dem Verbraucher werde durch die beklagte Fluggesellschaft in wettbewerbswidriger Weise suggeriert, er können seine Ansprüche nicht mittels einer formlosen E-Mail geltend machen, sondern nur über das verlinkte Online-Formular.
Insoweit stellen die Verpflichtung zum Aufrufen des Online-Formulars und das Erfordernis zur Eingabe persönlicher Daten ein unverhältnismäßiges Hindernis im Sinne des UWG dar (§ 4a Satz 2 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 UWG). Die tatbestandlich erforderliche Handlung sah das LG Darmstadt in der Versendung der ursprünglichen Antwortmail an den Verbraucher.
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pm
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