In einem Verfahren der Wettbewerbszentrale hat das LG Bochum mehrere Werbeaussagen eines Hörakustikers untersagt (LG Bochum, Urteil vom 25.06.2024, Az. I-12 O 93/23, nicht rechtskräftig). Der Akustiker warb in persönlich adressierten Werbeschreiben, die an Nutzer eines Hörgeräts versandt wurden, mit den Angaben:
„(…) wussten Sie, dass nach 6 Jahren Ihre Reparaturpauschale** für Ihre Hörlösung endet? Tauschen Sie daher jetzt Ihre Altgeräte gegen neue Hörgeräte aus und genießen Sie innovative Technik und besten Service.“
Die Wettbewerbszentrale hat diese Werbung zum einen als irreführend beanstandet. Denn der angesprochene Verkehr kann diese Angabe so verstehen, dass die Krankenkasse nach einer Nutzungsdauer von sechs Jahren keine Reparaturen an den Hörgeräten mehr übernimmt. Er schließt daraus, dass er sich schnell neue Hörgeräte beschaffen muss, weil er sonst mit Reparaturen belastet werden kann. Dieses Verständnis ist jedoch unzutreffend, denn nach den sozialrechtlichen Regelungen sowie nach den gängigen Versorgungsverträgen gesetzlicher Krankenkassen mit zahlreichen Hörakustikern werden Versicherte auch nach Ablauf von sechs Jahren nicht mit Reparaturkosten belastet; vielmehr werden Reparaturen und Instandhaltungen auch nach diesem Zeitraum (außerhalb dieser Pauschale) weiter bezahlt.
Supermarktgutschein als verbotene Zugabe nach HWG
Zum zweiten hat die Wettbewerbszentrale beanstandet, dass der Akustiker seinen Kunden beim Kauf eines aufzahlungsfreien sogenannten 0 €-Gerätes eine Geschenkkarte im Wert von 50 € für eine große Supermarktkette versprach. Darin liegt nach Auffassung der Wettbewerbszentrale ein Verstoß gegen das Zugabenverbot in § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG).
Mit einem solchen Supermarkt-Gutschein warb das beklagte Unternehmen außerdem auch noch auf seiner Website für den Fall, dass ein Bestandskunde einen Neukunden werben sollte, der ein Hörgerät kauft. Dann sollte der Werbende (Bestandskunde) einen 50 €-Supermarktgutschein erhalten.
Das Gericht hat die Werbung in allen beanstandeten Punkten verboten. Aufgrund des Werbeschreibens könnten die Adressaten den Eindruck erhalten, als ginge der Wegfall der Reparaturpauschale mit einer relevanten Einschränkung des Reparaturservices im Übrigen einher. Bei einem Laien könne auch nicht ohne Weiteres erwartet werden, dass er den Unterschied zwischen Reparaturpauschale einerseits und Erstattung der Reparaturkosten andererseits erkenne und dies in allen Facetten zutreffend erfasse. Die Werbeaussage zu der Reparaturpauschale sei daher jedenfalls auch irreführend. In der Gesamtschau der Werbung könne diese so verstanden werden, dass der (Reparatur-)Service nunmehr für den Verbraucher eingeschränkt sei. Die Irreführung werde auch nicht dadurch beseitigt, dass nach dem Ende der Reparaturpauschale ggfs. für Reparaturen eine Genehmigung der Krankenkasse einzuholen sein könne. Dies betreffe nur den Anbieter der Reparatur, also den Hörakustiker, und nicht den Verbraucher.
Ebenfalls verboten hat das Gericht die Bewerbung von Hörgeräten mit Geschenkkarten einer großen Supermarkt-Kette. Die Geschenkkarten seien kein Barrabatt i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 2 a HWG, denn sie seien kein Geldbetrag. Diese Auslegung sei auch durch den Schutzzweck des § 7 Abs. 1 HWG geboten, wonach es gelte, auch nur abstrakte Gefahren einer unsachlichen Beeinflussung der Werbeadressaten entgegenzuwirken. Insofern schließe sich das Gericht den Ausführungen des Bundesgerichtshofs im EuGH-Vorlagebeschluss vom 13. Juli 2023, Az. I ZR 182/22, an. Insbesondere sei in den Blick zu nehmen, dass bei der Zulassung von Wertgutscheinen eine Aushöhlung der Schutzwirkung des § 7 HWG zu befürchten wäre, da anderenfalls für jedwedes Produkt im Wege eines Wertgutscheins die Regelung des § 7 HWG umgangen werden könnte.
Weiterführende Informationen
HH 03 0246/23
mb
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