Die Wettbewerbszentrale hat in drei Fällen Unterlassungsklage wegen Werbeaktionen für Heilmittel mit Wertgutscheinen eingereicht. Solche Aktionen verstoßen nach neuer Rechtsprechung in vielen Fällen gegen das Heilmittelwerbegesetz.
Ein Kontaktlinsen-Onlineshop warb im Dezember 2023 mit einem 20 €-Gutschein für die nächste Bestellung, wenn der Kunde Kontaktlinsen oder andere Produkte für mindestens 60 € einkaufen würde.
Kunden werben Kunden
Ein Hörakustiker versprach seinen Kunden Ende 2023 in einem Werbeschreiben beim Erwerb eines aufzahlungsfreien sog. Nulltarif-Hörgeräts einen Supermarktgutschein im Wert von 50 €. In einer weiteren Werbung im Internet versprach der Akustiker einen solchen Gutschein auch für Bestandskunden, wenn diese Neukunden werben würden, die ebenfalls ein Hörgerät kaufen.
Ein anderer Hörakustiker betrieb im Herbst 2023 ebenfalls eine solche Kunden-werben-Kunden-Aktion: Wenn ein Bestandskunde einen Neukunden werben würde, der einen Hörtest machen und ein Hörgerät zur Probe tragen würde, würden sowohl der Bestandskunde als auch der Neukunde einen Wertgutschein oder einen sog. „Wunschgutschein“ im Wert von 50 € erhalten. Zulässig war aus Sicht der Wettbewerbszentrale an dieser Aktion lediglich, den Kauf des probegetragenen Hörgeräts mit Gutschein unmittelbar zu verbilligen.
Nur Barrabatte ausnahmsweise erlaubt
Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale verstoßen all diese Aktionen ansonsten gegen § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG). Danach sind Werbegaben für Medizinprodukte, wie beispielsweise für Kontaktlinsen und Hörgeräte, nur unter ganz engen Voraussetzungen ausnahmsweise erlaubt. Der Bundesgerichtshof hat im Sommer 2023 klargestellt, dass Gutscheine für einen nachfolgenden Erwerb anderer Produkte unzulässig sind. Nur solche Gutscheine, die den Kauf des Heilmittels unmittelbar verbilligen, sind ausnahmsweise als Barrabatte erlaubt (BGH, Vorlagebeschluss I ZR 182/22 – Gutscheinwerbung).
In allen von der Wettbewerbszentrale beanstandeten Fällen waren die Gutscheine jedoch für einen künftigen Kauf neuer Heilmittel oder anderer Produkte vorgesehen. Die Wettbewerbszentrale hat daher jeweils Unterlassungsklage vor den zuständigen Gerichten (Landgericht Kiel, Landgericht Bochum und Oberlandesgericht Hamburg) eingereicht.
In welcher Höhe solche Gutscheine nach einer weiteren Ausnahme im HWG als „geringwertige Kleinigkeiten“ erlaubt sein können – z.B. in Höhe von bis zu 1 EUR oder bis zu 5 EUR – lässt die Wettbewerbszentrale aktuell durch den BGH klären.
Weiterführende Informationen
HH 03 0266/23, HH 03 0246/23, HH 03 0198/23
mb
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