Bei der Wettbewerbszentrale gehen zur Zeit vermehrt Beschwerden über Gutscheinwerbung von Kfz-Werkstätten ein – und das obwohl der Bundesgerichtshof (BGH) mit drei Urteilen vom 08.11.2007 eindeutig entschieden hat, dass das Gewähren von Preisnachlässen und Zugaben durch eine Kfz-Werkstatt bei der Reparatur von Schäden für den Fall wettbewerbswidrig sein kann, dass der zu reparierende Schaden von einer vom Kunden für sein Fahrzeug abgeschlossenen Kaskoversicherung abgedeckt ist.
Die Kunden sollen für die Erteilung eines Auftrages einen Gutschein erhalten, den sie entweder bei der Werkstatt selbst (z. B. für Inspektion, Reifenwechsel usw.) oder auch bei einem Dritten (z. B. Tankgutschein) einlösen können. Die Gutscheine gelten auch, wenn der erteilte Auftrag über eine Kaskoversicherung abgerechnet wird.
Bei Abrechnung eines Schadens über seine Kaskoversicherung ist der Kunde aufgrund der in den Versicherungsvertrag einbezogenen Bedingungen gehalten, alles zu tun, was der Minderung des Schadens dient. Dies schließt – so der BGH – neben der Verpflichtung, die Kosten für die Reparatur niedrig zu halten, auch ein, dass der Versicherung gegenüber die tatsächlichen Kosten der Reparatur angegeben werden. Auf der anderen Seite bringt es dem Kunden in der Regel keine Vorteile, wenn er eine günstige Werkstatt beauftragt, da er für die Kosten des erteilten Auftrages ohnehin nur mit dem Betrag aufkommen muss, der als Selbstbeteiligung in seinem Versicherungsvertrag vereinbart ist. Auch von einem Preisnachlass profitiert nur die Versicherung.
Einen eigenen Vorteil erlangt der Kunde allerdings, wenn er bereit ist, seiner Versicherung einen von der Kfz-Werkstatt gewährten Preisnachlass zu verschweigen, da dann im Ergebnis der von ihm als Selbstbeteiligung zu zahlende Betrag ganz entfällt oder sich zumindest reduziert. Ein solcher Preisnachlass ist daher – so der BGH – geeignet, den Kunden zu veranlassen, die Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag zu missachten und die werbende Kfz-Werkstatt – obwohl es eventuell eine günstigere Werkstatt gegeben hätte – zu beauftragen, nur um den versprochenen Vorteil zu erlangen. Insbesondere betonte der BGH, dass keine abweichende Beurteilung in Betracht kommt, wenn es sich bei dem versprochenen Vorteil um Gutscheine handelt. In dem streitgegenständlichen Fall war der BGH mit einem Tankgutschein befasst.
Ausnahmen will der BGH nur zulassen, wenn die Kfz-Versicherung über die in Aussicht gestellten Preisnachlässe und Zugaben informiert und mit ihrer Gewährung einverstanden ist, oder wenn der versprochene Vorteil geringfügig und branchenüblich ist, sodass davon ausgegangen werden kann, dass der Versicherer keine Einwände erheben würde. Durch die bloße Unterrichtung der Versicherung entfällt die Wettbewerbswidrigkeit einer solchen Gutscheinwerbung noch nicht.
Weiterführende Informationen:
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. November 2007, Az. I ZR 192/06 >> zur Werbung einer Kfz-Reparaturwerkstatt in einem Inserat, dass der Kunde 150 € in bar bei Beauftragung der Werkstatt mit der Durchführung einer über seine Kaskoversicherung abzuwickelnden Hagelschadenreparatur erhalte,
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. November 2007, Az. I ZR 60/05 >> zur Werbung einer Kfz-Reparaturwerkstatt mit einem Gutschein, dass der Kunde bei Beauftragung der Werkstatt mit der Durchführung eines Windschutz- und Heckscheibenaustausches 50 % Nachlass der Selbstbeteiligung (bei 150 €) aus seinem Kaskoversicherungsvertrag erhalte,
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. November 2007, Az. I ZR 121/06 >> zur Werbung einer Kfz-Reparaturwerkstatt, dem Kunden bei Beauftragung der Werkstatt mit der Durchführung eines Scheibenaustausches einen Teil seiner Selbstbeteiligung aus seinem Kaskoversicherungsvertrag in bar oder in der Form von Tankgutscheinen zu erstatten. Der Wert der Erstattungen lag zwischen 53 € und 100 €.
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