Die Wettbewerbszentrale hat in einem weiteren Fall – hier gegen die Fluggesellschaft Wizzair – Klage wegen der Verwendung bestimmter Klauseln in deren allgemeinen Geschäftsbedingungen erhoben. Die betreffenden AGB-Klauseln bewirken aus Sicht der Wettbewerbszentrale im Ergebnis, dass Fluggästen die Geltendmachung von gesetzlichen Entschädigungsansprüchen wegen Verspätung oder Flugausfall und die Inanspruchnahme von entsprechenden Legal Tech-Angeboten erschwert werden.
Die in Ungarn ansässige Fluggesellschaft Wizzair sieht in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, dass Verbraucher etwaige Entschädigungsansprüche zunächst selbst bei der Fluggesellschaft über deren Internetseite anmelden müssen. Für den Fall, dass die Entschädigungsansprüche an Dritte abgetreten werden, sehen die AGB die Erhebung einer „Bearbeitungsgebühr“ vor (derzeit 50 Euro), die von der Entschädigung abgezogen werden soll.
Die Wettbewerbszentrale beanstandete diese Regelungen als unangemessene Benachteiligung von Verbrauchern, denen die Durchsetzung ihrer Rechte unzulässig erschwert werde. Sie ist auch in diesem Fall der Auffassung, dass es dem Verbraucher sowohl nach allgemeinem Schuldrecht, aber auch nach der Fluggastrechteverordnung (EU-Verordnung 261/2004) frei stehe, auf welche Weise er seine Rechte geltend machen will. Viele der Fluggastrechteportale lassen sich die Schadenersatzansprüche der Verbraucher abtreten. Die Geltendmachung derartiger Ansprüche werde mit der von der Airline vorgesehenen „Bearbeitungsgebühr“ und der Verpflichtung zur direkten Forderungsanmeldung unzulässig erschwert, meint die Wettbewerbszentrale.
Nachdem Wizzair die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnte, hat die Wettbewerbszentrale nun beim Landgericht Berlin Klage eingereicht.
Wizzair hat im Rahmen der Korrespondenz zur Abmahnung die bisherigen Klauseln dahingehend verändert, dass abgetretene Ansprüche nur bearbeitet werden, wenn die Kontakt- und Zahlungsdaten des Passagiers für eine Auszahlung von Entschädigungen mitgeteilt werden. Auch diese neue Klausel wird im Klageverfahren als unzulässige Behinderung der Anspruchsdurchsetzung von Passagieren von der Wettbewerbszentrale angegriffen.
„In diesem weiteren Verfahren wollen wir klären, ob es zulässig ist, die Inanspruchnahme dieser Anbieter, die die Zugangsschwelle zur Rechtsdurchsetzung für den Verbraucher herabsetzen wollen, zu erschweren“, kommentiert Rechtsanwalt Peter Breun-Goerke aus der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale das Verfahren.
BGH zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Geschäftsmodelle von legal techs
Die Klageerhebung der Wettbewerbszentrale fällt in die Zeit, in der der Bundesgerichtshof das Geschäftsmodell von legal tech-Portalen, die in der Mehrzahl auf Basis einer Inkassoerlaubnis operieren, als grundsätzlich zulässig angesehen hat (BGH, Urteil vom 27.11.2019, Az. VIII ZR 285/18). Im Verfahren vor dem BGH ging es um die Grundsatzfrage, ob die Inkassoerlaubnis als Grundlage für die angebotene Dienstleistung im Bereich der Rechtsberatung ausreichend ist. Dies hat der BGH in seiner Entscheidung bejaht.
Weiterführende Informationen
pbg (F 2 0454/19)
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