Home News Aktuelle Rechtsprechung zu Inkassoschreiben – Gerichte billigen Hinweise zu Kosten und Folgen der Nichtzahlung von offenen Forderungen

Aktuelle Rechtsprechung zu Inkassoschreiben – Gerichte billigen Hinweise zu Kosten und Folgen der Nichtzahlung von offenen Forderungen

In einer aktuell veröffentlichten Entscheidung hat das OLG Hamburg allgemeine Hinweise über die Folgen der Nichtzahlung einer berechtigten Forderung weder als irreführend noch als unzulässige aggressiver Geschäftspraxis angesehen

– Regulierung zu Kosten und Informationspflichten beim Inkasso treten am 01.10.2021 in Kraft –

In einer aktuell veröffentlichten Entscheidung hat das OLG Hamburg allgemeine Hinweise über die Folgen der Nichtzahlung einer berechtigten Forderung weder als irreführend noch als unzulässige aggressiver Geschäftspraxis angesehen (OLG Hamburg, Urteil vom 11.06.2020, Aktenzeichen 15 U 88/19). Diese großzügige Rechtsprechung bei der Formulierung von Inkassoschreiben fällt in eine Zeit, in der mit dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht (Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht vom 22.12.2020, BGBL 2020, 3320 >>), dessen Regelungen im Wesentlichen am 01.10.2021 in Kraft treten werden, der Gesetzgeber in den Bereich des Inkassos regulierend eingegriffen hat.

In dem vom OLG Hamburg entschiedenen Fall hatte das beklagte Inkassounternehmen im Rahmen der Beitreibung einer Forderung in dem Schreiben grau unterlegt folgende Hinweise gegeben:

„Ein Gerichtsverfahren ist teuer. Ein rechtskräftiger Schuldtitel kann 30 Jahre gegen Sie zur Zwangsvollstreckung, Lohnpfändung und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verwendet werden. Eine mögliche Eintragung ins Schuldnerregister Ihres Amtsgerichts kann für die Kreditwürdigkeit Folgen haben. Sie kann unter anderem dazu führen, dass Sie keinen Handyvertrag oder Dispo-Kredit bei der Bank bekommen.“

Diese Ausführungen des Inkassounternehmens sind nach Ansicht des OLG Hamburg nicht zu beanstanden. Das Schreiben sei an „zahlungssäumige, also rechtswidrig auf eine berechtigte und fällige Forderung nicht zahlende Verbraucher gerichtet“. Es stelle die Folgen einer Nichtzahlung in sachlichem und neutralem Ton dar, ohne dass ein irreführender oder verschleiernder Charakter erkennbar sei. Das Inkassounternehmen drohe die Weitergabe der Daten konkret nicht an, sondern weise nur auf die Folgen einer solchen Weitergabe hin. Das Schreiben habe auch einen Hinweis darauf enthalten, dass eine Zwangsvollstreckung nur nach Erwirkung eines gerichtlichen Vollstreckungstitels möglich sei. Der BGH hatte in einer Grundsatzentscheidung schon 2018 festgestellt, dass die Zahlungsaufforderung eines Inkassounternehmens zur Begleichung einer offenen Forderung generell keine verbotene aggressive Geschäftspraxis darstellt (BGH, Urteil vom 22. März 2018, Az. I ZR 25/17).

In einer anderen Entscheidung hat das OLG Köln einem Inkassounternehmen zugebilligt, in seinem Aufforderungsschreiben zu den Kosten des Inkassoschreibens die Formulierung „Inkassokosten, die Sie nach §§…BGB zu tragen haben“ zu verwenden (OLG Köln, Urteil vom 17.07.2020, Az. 6 U 6/20). Es verneinte eine Irreführung der Verbraucher, weil nicht der Eindruck entstehe, dass die in dem Schreiben berechneten Inkassokosten in jedem Fall in der geltend gemachten Höhte auf Grund von gesetzlichen Vorschriften zu erstatten sind. Die Information zu den als Verzugsschaden zu ersetzenden Inkassokosten sei objektiv richtig. Es werde in diesem Zusammenhang auch nicht behauptet, es gäbe zu den Kosten, insbesondere zu deren Höhe, eine eindeutige Rechtslage. Der Verbraucher wisse zudem, dass nicht jede behauptete Forderung berechtigt sei und er diese bestreiten könne.

Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht

Bei Betrachtung der Entscheidungen wird man zukünftig die aktuellen Gesetzessänderung durch das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht berücksichtigen müssen. Ziel des Gesetzes ist u.a. „Bewusstsein der Schuldner für die Folgen einer Nichtzahlung und der Abgabe eines Schuldanerkenntnisses stärken“.

Nach den im Oktober diesen Jahres in Kraft tretenden Regelungen muss der Verbraucher schon im Zuge der Anmahnung einer Forderung auf das Entstehen von Inkassokosten hingewiesen werden. Inkassodienstleister und Rechtsanwälte müssen bei Inkassoschreiben ihre zuständige Aufsichtsbehörde angeben. Bei Angeboten von Zahlungsvereinbarungen müssen zukünftig deren Kosten mitgeteilt werden, beim Vorschlag eines Schuldanerkenntnisses ist der Empfänger über die Rechtfolgen zu informieren. Kernpunkt der neuen Regelungen, die aber erst am 01.10.2021 in Kraft treten werden, ist die Begrenzung der Inkassokosten auf einen Gebührensatz von 0,7 als Höchstgrenze. Bei Forderungen bis zu einer Höhe von 50 Euro können Inkassokosten nur in Höhe von 30 Euro geltend gemacht werden. Auch die Erhöhung der dem Verbraucher entstehenden Kosten für die parallele Beauftragung von Inkassodienstleister und Rechtsanwalt ist dann ausgeschlossen.

„Es bleibt abzuwarten, ob nach der Regulierung der Höhe der Kosten und der Schaffung von neuen Informationspflichten die Rechtsprechung an ihrer liberalen Haltung zum Inhalt von Inkassoschreiben festhält“, kommentiert Rechtsanwalt Peter Breun-Goerke aus der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale diese aktuelle Entwicklung. „Das Argument des OLG Hamburg, dass es sich in aller Regel um berechtigte und nicht beglichene Forderungen handelt, bleibt bei der Beurteilung der Formulierungen sicher weiter zu berücksichtigen“, meint Breun-Goerke weiter.

Weiterführende Informationen

News vom 17.06.2020 // Unzulässige wiederholte SCHUFA-Belehrung eines Inkassounternehmens und andere unklare Drohungen in Inkassoschreiben >>

News vom 06.02.2020 // Auch bei Inkassodienstleistungen – Telefonwerbung nur mit Einwilligung >>

RA Peter Breun-Goerke, Legal Tech – Ist nun alles geklärt? – WRP 2020, S. 1403 ff. >>

pbg

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