Die Wettbewerbszentrale weist darauf hin, dass Fahrschulunternehmer bei ihrer Werbung für den Einsatz von Fahrsimulatoren nicht den Eindruck erwecken dürfen, dass sich die Möglichkeit, in der Fahrschule auf einem solchen Gerät zu üben, auf die erforderlichen Kosten einer Führerscheinausbildung auswirkt.
Ausgelöst durch eine Beschwerde hat die Wettbewerbszentrale dazu die Werbung von Fahrschulen im Internet beobachtet. Dabei wurde festgestellt, dass viele der Unternehmen aus Sicht der Wettbewerbszentrale wettbewerbskonform werben.
Die Ergebnisse der Beobachtung
Bei 60 geprüften Webseiten von Fahrschulen hat die Wettbewerbszentrale in 22 Fällen die Werbung zur Kostenersparnis im Zusammenhang mit einem Fahrsimulator als irreführend beanstandet.
In 2 Fällen wurden auf den Internetseiten der Fahrschulen die Aussagen von Fahrschülern bzw. ein Presseartikel wiedergegeben, die konkret eine Einsparung von Fahrstunden im praktischen Unterricht behaupteten. Mit der Übernahme dieser Aussagen in den eigenen Internetauftritt machten sich die Fahrschulunternehmer diese Aussagen zu eigen. In den anderen Fällen wurden auf den Internetseiten bei der Vorstellung der Simulatoren in der ein oder anderen Form pauschale Behauptungen aufgestellt, die Ausbildung würde „günstiger“ oder der Fahrschüler könne „Kosten sparen“. Unternehmer, die solche Behauptungen aufstellen, verschaffen sich beim Wettbewerb um den Kunden einen wettbewerbswidrigen Vorteil, weil gerade die Kosten der Ausbildung ein wichtiges Kriterium für die Entscheidung des Fahrschülers für eine bestimmte Fahrschule sind.
In 18 der beanstandeten Fälle konnte mit den Fahrschulen eine außergerichtliche Einigung erzielt werden. In 4 Fällen steht ein Abschluss noch aus.
Werbung für den Einsatz von Fahrsimulatoren
Es ist Fahrschulen völlig unbenommen, die Vorteile der Durchführung von Übungsstunden auf einem Fahrsimulator in der Werbung darzustellen. Dazu gehört die Verminderung des Stresses, den der reale Straßenverkehr für den Fahranfänger darstellt, gerade in der Anfangsphase einer Ausbildung. Außerdem können neben vielen anderen Vorteilen der Simulatorfahrten besondere Gefahrensituationen im Straßenverkehr mehrfach und in Ruhe geübt werden. Es fehlen aber wissenschaftliche Nachweise, dass sich der Einsatz von Simulatoren auf die Anzahl der erforderlichen Fahrstunden auswirkt, sodass mit Aussagen dazu nicht geworben werden kann.
Hintergrund:
Die Rechtsprechung hat sich schon mehrfach mit dem Thema beschäftigt. So hat das Landgericht Nürnberg-Fürth (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 01.02.2007 – 1 HK O 7432/16) einer Fahrschule die Bewerbung eines Fahrsimulators unter Hinweis auf die Einsparung bei den Ausbildungskosten untersagt. Auf diese Entscheidung weist die Wettbewerbszentrale bereits seit dem Kalenderjahr 2007 hin und hat in aktuellen Mitteilungen am 02.06.2015, 13.04.2016, 30.03.2017 und 17.01.2018 ihre Warnung vor derartigen Aussagen wiederholt. Auch in den Fachpublikationen Fahrschule und Fahrschulprofi hat die Wettbewerbszentrale auf die Unzulässigkeit von irreführenden Werbeaussagen im Zusammenhang mit der Bewerbung von Simulatorstunden hingewiesen.
Auch das LG Gera (LG Gera, Urteil vom 20.02.2017 – 112 HK O 57/16) hat eine Werbung mit einer Ersparnis durch den Einsatz eines Simulators als irreführend untersagt. Dieser Auffassung hat sich das Landgericht Bielefeld (LG Bielefeld, Urteil vom 09.05.2017 – 15 O 110/16) angeschlossen. Ebenso hat das Landgericht Berlin (LG Berlin, Beschluss vom 11.03.2004 – 102 O 82/14) den Hinweis darauf, dass eine Simulatorstunde die praktische Fahrstunde ersetzen kann, als unzulässig angesehen.
Zu den konkreten Auswirkungen auf die Kosten einer Führerscheinausbildung durch den Einsatz eines Simulators liegen aber immer noch keine wirklich wissenschaftlich abgesicherten Erkenntnisse vor, die eine solche Aussage in der Werbung absichern.
Die tatsächliche Beherrschung eines Fahrzeugs im Straßenverkehr stellt völlig andere Anforderungen an den Fahrschüler als die Tätigkeit am Simulator. Der Simulator kann daher als zusätzliche Übung herangezogen werden und insgesamt auch zu einer Verbesserung der Fähigkeiten des Fahrschülers führen, er kann jedoch nicht 1:1 mit einer realen Fahrstunde gleichgesetzt werden mit dem Erfolg, dass jede Stunde am Simulator eine Fahrstunde einsparen würde.
Zu diesem Ergebnis kommt letztlich auch die Studie des Instituts für Automobilwirtschaft zusammen mit dem Verband Moving. Bereits in der Pressemitteilung dazu heißt es, dass „die Nutzung eines Fahrsimulators in der Fahrschülerausbildung eine sinnvolle Ergänzung des Unterrichts sein kann“. Auch im Vorwort wird dazu ausgeführt „Der Zusatznutzen einer qualitativ höherwertigen Ausbildung ist für Fahrschüler zudem kostenneutral“. Im weiteren Text heißt es dann „In Zukunft ist auch eine kostenneutrale Anwendung bei A- und C-Ausbildung denkbar“. Auch diese Studie geht also davon aus, dass eine Ersetzung von Fahrstunden im praktischen Unterricht nicht stattfindet, zumal auch sehr ausführlich auf die Grenzen des Einsatzes von Fahrsimulatoren in Fahrschulen (S. 46 der Studie) eingegangen wird. Die Studie weist auf Seite 75 darauf hin, dass der wissenschaftliche Nachweis über die Auswirkungen des Simulatoreinsatzes auf die praktische Fahrausbildung erst noch erbracht werden muss. Bis heute gibt es auch keine anderen wissenschaftlichen Nachweise für eine Verkürzung des erforderlichen praktischen Unterrichts durch den Einsatz eines Simulators.
Weiterführende Informationen
News vom 07.05.2018 // Erneut Simulatorwerbung mit „weniger Fahrstunden“ untersagt >>
Kontakt:
Wettbewerbszentrale, Büro Bad Homburg
Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) Peter Breun-Goerke
Landgrafenstraße 24 B
61348 Bad Homburg
Telefon: (0 61 72) 12 15 18
Telefax: (0 61 72) 8 44 22
E-Mail: breun-goerke@wettbewerbszentrale.de
pbg
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