Mit zwei Urteilen vom heutigen Tag hat der Bundesgerichtshof (BGH) Boni und Gutscheinen, die dem Kunden von der Apotheke beim Kauf rezeptpflichtiger und damit preisgebundener Arzneimittel mitgegeben werden, eine Absage erteilt (BGH, Urteile vom 06.06.2019, Az. I ZR 206/17 und I ZR 60/18). Der I. Zivilsenat entschied in den von der Wettbewerbszentrale geführten Grundsatzverfahren, dass die Zugabe sowohl eines Brötchen-Gutscheins als auch eines Ein-Euro-Gutscheins beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Medikaments wettbewerbswidrig sind, weil beide Werbegaben gegen die geltenden Preisbindungsvorschriften verstießen.
Hintergrund: Die Sachverhalte
Eine Apothekerin aus Hessen händigte ihren Kunden beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels ungefragt einen Gutschein über „2 Wasserweck oder 1 Ofenkrusti“ aus, der bei einer in der Nähe liegenden Bäckerei eingelöst werden konnte. In dem von dem Berliner Gericht zu beurteilenden Fall erhielten Kunden einen 1 Euro-Gutschein bei Einlösung eines Rezeptes. Der Gutschein konnte beim nächsten Kauf eingelöst werden.
Nachdem zwei Oberlandesgerichte in den von der Wettbewerbszentrale betriebenen Verfahren zuvor unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten hatten (OLG Frankfurt, Urteil vom 2.11.2017, Az. 6 U 164/16, Az. beim BGH I ZR 206/17; KG, Urteil vom 13.03.2018, Az. 5 U 97/15, Az. beim BGH I ZR 60/18), stellt der BGH nun klar:
Die Entscheidungen des BGH
Bei dem grundsätzlichen Verbot der Wertreklame nach § 7 HWG handele es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG. Ein Verstoß gegen dieses Verbot könne Unterlassungsansprüche begründen (§ 8 UWG). Die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG solle der abstrakten Gefahr begegnen, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst werden. Soweit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 HWG entgegen den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes gewährte Werbegaben generell verbietet, solle damit außerdem ein ruinöser Preiswettbewerb zwischen den Apotheken verhindert und eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden.
Nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften ist bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein einheitlicher Abgabepreis zu gewährleisten (§ 78 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 AMG, § 3 Arzneimittelpreisverordnung). Nach der Entscheidung des BGH verbieten sich Werbegaben und andere Geschenke unabhängig von deren Wert generell aufgrund dieser Vorschrift bei der Abgabe rezeptpflichtiger Arzneimittel. Die strikte Einhaltung der Preisbindung als Ziel des Gesetzgebers lasse sich nur so erreichen.
„Damit ist aus Sicht der Wettbewerbszentrale für die gesamte Apothekenbranche geklärt, dass auch geringwertige Zugaben und Geschenke bei der Abgabe preisgebundener Arzneimittel unzulässig sind“, meint Peter Breun-Goerke, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale, in einer ersten Bewertung der Entscheidungen. „Die ausführlichen Entscheidungsgründe müssen wir aber noch abwarten“, so Breun-Goerke weiter.
Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor.
Weiterführende Informationen
pbg
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