Der Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Urteil (Az. I ZR 88/05) seine Rechtsprechung zum Verbot von unaufgeforderten Werbeanrufen bei Gewerbetreibenden bekräftigt. Dabei hat der Senat insbesondere zur Frage der mutmaßlichen Einwilligung in einen Werbeanruf bei einem Unternehmen ausgeführt. Anders als bei Privatpersonen, ohne deren Einwilligung Telefonwerbung generell unzulässig ist, ist ein Werbeanruf im geschäftlichen Bereich dann unzulässig, wenn nicht zumindest eine mutmaßliche Einwilligung des Angerufenen gegeben ist (§ 7 Abs. 2 UWG).
Im vorliegenden Fall hatte die beklagte Betreiberin einer Internetsuchmaschine einen Unternehmer angerufen, der sich in das kostenlose Unternehmensverzeichnis der Suchmaschine eingetragen hatte. Mit dem Anruf seitens der Beklagten sollte der betreffende Unternehmer u. a. dazu bewogen werden, sich nicht nur in den kostenlosen Bereich, sondern auch in den entgeltlichen erweiterten Bereich der Suchmaschine einzutragen. Die Beklagte hatte sich darauf berufen, sie sei aufgrund der bestehenden Geschäftsverbindung zu dem Anruf berechtigt gewesen. Dieser hätte zudem vor allem dazu dienen sollen, die über das Unternehmen gespeicherten Daten zu überprüfen.
Der Bundesgerichtshof führt hierzu aus:
„Der kostenlose Eintrag des Unternehmens in ihrer Suchmaschine habe die Beklagte zwar möglicherweise zu der Annahme berechtigt, das Unternehmen sei mit einem Anruf zur Überprüfung der eingespeicherten Daten einverstanden. Eine Telefonwerbung, um zugleich das Angebot einer entgeltlichen Leistung zu unterbreiten, sei aber nach den gegebenen Umständen für den Anzurufenden unzumutbar belästigend gewesen. Die Beklagte habe nicht mit einem besonderen Interesse des Unternehmens rechnen können, gerade im Verzeichnis ihrer – nicht besonders bekannten – Suchmaschine gegen Vergütung mit einem erweiterten Eintrag aufgeführt zu sein. Ein kostenloser Eintrag über das Unternehmen sei in gleicher Weise wie bei der Beklagten bei weiteren 450 Suchmaschinen gespeichert gewesen. Angesichts der großen Zahl gleichartiger Suchmaschinen und der Verbreitung kostenloser Unternehmenseinträge in den Verzeichnissen von Suchmaschinen hätte die Beklagte vor einem Anruf berücksichtigen müssen, dass für einen Gewerbetreibenden die Gefahr bestehe, in seinem Geschäftsbetrieb durch eine Vielzahl ähnlicher Telefonanrufe empfindlich gestört zu werden.“
Daher lagen keine konkreten Umstände vor, aufgrund derer der Betreiber der Suchmaschine ein Interesse des Unternehmers an dem Werbeanruf vermuten durfte.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. September 2007, Az. I ZR 88/05 – Suchmaschineneintrag
Quelle und weiterführende Informationen:
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 20. September 2007 >>
Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom 12.09.2007 >>
Weitere aktuelle Nachrichten
-
OLG Frankfurt a. M. untersagt „Anti-Kater“-Werbung für Mineralstofftabletten
-
Rückblick: Konferenz „Wettbewerb, Nachhaltigkeit & Recht“
-
Rückblick: „Jura in der Praxis“ der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
-
Rückblick: Internationaler Kongress der Liga in London
-
Landgericht Mainz zur Assoziation von „After Party Shots“ mit einem Alkoholkater