Home News Wettbewerbszentrale stellt Entwicklung des Wettbewerbs im Gesundheitswesen vor – Irreführung und mangelnde Transparenz häufig Grund von Beschwerden

Wettbewerbszentrale stellt Entwicklung des Wettbewerbs im Gesundheitswesen vor – Irreführung und mangelnde Transparenz häufig Grund von Beschwerden

Bei der Wettbewerbszentrale sind im Jahr 2017 knapp 470 Anfragen und Beschwerden wegen unlauteren Wettbewerbs im Bereich Gesundheit (Apotheker, Ärzte, Heilberufe, Krankenkassen, Pharmaindustrie) eingegangen. In 2018 sind hat die Wettbewerbszentrale bislang 195 Fälle in diesem Bereich bearbeitet, im ersten Halbjahr 2017 waren dies 203 Fälle. Die Fallzahlen bewegen sich damit in etwa auf Vorjahresniveau. Hinzu kommen weitere Fälle aus dem Bereich Gesundheitshandwerke/ Medizinprodukte wie z.B. Augenoptiker, die sich für 2017 auf knapp 400 Anfragen und Beschwerden und für 2018 auf bislang 208 belaufen.

Bei der Wettbewerbszentrale sind im Jahr 2017 knapp 470 Anfragen und Beschwerden wegen unlauteren Wettbewerbs im Bereich Gesundheit (Apotheker, Ärzte, Heilberufe, Krankenkassen, Pharmaindustrie) eingegangen. In 2018 hat die Wettbewerbszentrale bislang 195 Fälle in diesem Bereich bearbeitet, im ersten Halbjahr 2017 waren dies 203 Fälle. Die Fallzahlen bewegen sich damit in etwa auf Vorjahresniveau. Hinzu kommen weitere Fälle aus dem Bereich Gesundheitshandwerke/ Medizinprodukte wie z.B. Augenoptiker, die sich für 2017 auf knapp 400 Anfragen und Beschwerden und für 2018 auf bislang 208 belaufen.

Rund 56% der im Gesundheitsbereich in 2017 geprüften Werbemaßnahmen bezogen sich auf digitale Werbekanäle wie z. B. auf Homepages, Onlineshops, Apps oder Plattformen. Digitale Geschäftsmodelle im Gesundheitsbereich reichen zum Beispiel von Arztvergleichs- und Bewertungsplattformen über Health Apps in der Hörakustik bis hin zum digitalen Arztbesuch und die Krankschreibung per App. Hier treten Wettbewerbsfragen auf, zu deren Beantwortung die Wettbewerbszentrale Grundsatzentscheidungen in Musterverfahren herbeiführen will, wie nachfolgende Beispiele zeigen:

Digitaler Arztbesuch versus Werbeverbot für Fernbehandlungen

In einem Fall geht es zum Beispiel um die Werbung eines Versicherungsunternehmens, das über eine App den „digitalen Arztbesuch“ für seine Versicherten anbietet. Beworben wird dabei nicht nur die Diagnose und Therapieempfehlung, sondern auch die Krankschreibung per App. Die ärztlichen Leistungen selbst werden von Ärzten in der Schweiz erbracht. Die Wettbewerbszentrale hat, in Kenntnis der Lockerung des bisher geltenden berufsrechtlichen Fernbehandlungsverbots, diese Werbung moniert: Denn das gesetzliche Werbeverbot für Fernbehandlungen, das im Heilmittelwerbegesetz niedergelegt ist, gilt unverändert fort. Wie nun dieses Werbeverbot für Fernbehandlungen künftig anzuwenden ist, will die Selbstkontrollinstitution in einem Grundsatzverfahren gerichtlich klären lassen.

„Auf innovative Geschäftsmodelle scheint die eine oder andere Vorschrift nicht richtig zu passen. Wie so oft hinkt die Rechtsentwicklung der Lebenswirklichkeit hinterher. Unternehmer aus der Gesundheitsbranche brauchen aber mehr Rechtssicherheit, und dazu wollen wir mit Musterprozessen beitragen.“, erklärt Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale, die Hintergründe des laufenden Grundsatzverfahrens.

Die Wettbewerbszentrale hat Klage zum Landgericht München I (Az. 33 O 4026/18) erhoben. Das Gericht hat den Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 8. Januar 2019 anberaumt.

Transparenz auf Arzt-Vergleichsportalen – Kennzeichnung von Provisionszahlungen?

Bei einigen Vergleichsportalen geht es um Fragen der Transparenz: Wenn beispielsweise die auf einem Portal aufgeführten Arztpraxen nur deshalb dort erscheinen, weil die betreffenden Ärzte dem Plattformbetreiber ein pauschales Entgelt für das Einstellen ihres Profils auf der Plattform oder eine erfolgsabhängige Vermittlungsprovision zahlen, ist aus Sicht der Wettbewerbszentrale ein entsprechender Hinweis darauf erforderlich. Derartige Fragen von grundsätzlicher Bedeutung lässt die Wettbewerbszentrale gerichtlich klären:

Einem Betreiber eines Augenlaser-Vergleichsportals hat die Wettbewerbszentrale vor dem Landgericht Berlin untersagen lassen, ohne Hinweis auf die Provisionsvereinbarung zwischen Ärzten und Portalbetreiber zu agieren (Landgericht Berlin, Az. 52 O 15/17, nicht rechtskräftig). Dieser hatte damit geworben, dass man „Top Ärzte mit günstigen Preisen“ im vom Nutzer eingegebenen Ort vergleichen könne. Das jeweilige Ärzteprofil wird von der Beklagten erstellt. Die Ärzte zahlen sowohl für die Erstellung des Profils ein Entgelt als auch Provisionen für den Fall, dass ein Behandlungsvertrag zustande kommt. Gerade bei einem Vergleichsportal sei der Verbraucher daran interessiert, zu erfahren, dass es Provisionsvereinbarungen gibt, so das Gericht. In der Berufungsinstanz wird das KG Berlin (Az. 5 U 180/17) nun in dieser Sache zu entscheiden haben.

In einem anderen Fall, in dem eine Plattform geworben hatte mit „Wir vergleichen für Sie über 250 Ärzte in Deutschland“, geht es ebenfalls um die Frage, wie auf die Finanzierung hingewiesen werden muss. Auch dort fand sich kein Hinweis auf Provisionszahlungen der an dem Vergleich teilnehmenden Ärzte. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Berlin, Az. 16 O 446/17, ist am 11.12.2018.

Wettbewerbsverzerrungen durch unzulässige Kooperationen

Die Wettbewerbszentrale hat im vergangenen Jahr einige Kooperationen unterbunden, in denen zum Beispiel Apotheker vor Arztpraxen Rezeptsammelkästen aufgestellt hatten. Patienten konnten also das vom Arzt ausgestellte Rezept gleich vor der Arztpraxis bei einer bestimmten Apotheke durch Einwurf in den Behälter „abgeben“. Die Zusammenarbeit von Leistungserbringern ist zwar häufig erwünscht, hat aber rechtliche Grenzen: Die Aufgabenbereiche von Apothekern und Ärzten sind streng getrennt. Zuweisungs- und Abspracheverbote in apotheken- und arztspezifischen Vorschriften sollen verhindern, dass auch nur der Anschein einer wirtschaftlichen Verquickung erweckt wird. Was aus Sicht des Patienten eine Serviceleistung sein mag, ist letztlich eine erhebliche Einschränkung des Wettbewerbs zu Lasten anderer Apotheker und auf lange Sicht auch zu Lasten des Verbrauchers.

Mehr Beschwerden über Werbung für Schönheitsoperationen und Botox-Party

Auch im Bereich von medizinisch nicht indizierten Schönheitsoperationen wird mit harten Bandagen um Patienten gekämpft, obwohl der Gesetzgeber diesbezügliche Werbung streng reguliert hat. So hat die Wettbewerbszentrale 2017/2018 in insgesamt 14 Fällen (2016: 6 Fälle) sogenannte Vorher-Nachher-Fotos erfolgreich beanstandet. Diese sind bei Schönheitsoperationen per se unzulässig.

Unterbunden hat die Wettbewerbszentrale auch die Werbung für eine Botox-Night „Zuerst können Sie sich bei einem Gläschen Prosecco erfrischen und Fingerfood der Saison genießen…“. Diese Verharmlosung des „chilligen After-Work-Abend“ hat die Wettbewerbszentrale als irreführend moniert. Denn bei Botox handelt es sich um ein verschreibungspflichtiges Medikament mit zahlreichen Nebenwirkungen und Gegenanzeigen.

Apotheken – Zulässigkeit von Gutscheinwerbung erneut auf dem Prüfstand

Zum juristischen „Dauerbrenner“ entwickelt sich die Frage, ob und in welcher Höhe Apotheken Gutscheine beim Erwerb rezeptpflichtiger Arzneimittel verschenken dürfen. Letztere sind preisgebunden, so dass sich die Gerichte mit der Frage beschäftigen müssen, ob derartige finanzielle Vorteile die Preisbindung unterlaufen.

Das OLG Frankfurt hat das bejaht (OLG Frankfurt, Urteil vom 2.11.2017, Az. 6 U 164/16, nicht rechtskräftig). Einige Wochen später hat jedoch das Kammergericht die Auffassung vertreten, ein 1€-Gutschein sei nicht „spürbar“ (KG Berlin, Urteil vom 13.03.2018, Az. 5 U 97/15, nicht rechtskräftig), die Abgabe sei dem Apotheker daher erlaubt. Trotz unterschiedlicher Ergebnisse sind aber beide Gerichte der Auffassung, dass die Preisbindung verfassungsgemäß ist und auch keine unzulässige Diskriminierung der in Deutschland ansässigen Apotheker darstelle, die – anders als niederländische Versandapotheken – grundsätzlich an die Arzneimittelpreisverordnung gebunden sind. Mit all diesen Fragen wird sich also erneut der BGH beschäftigen müssen (BGH, Az. I ZR 206/17 und I ZR 60/18).

Krankenkassen: Musterprozess zu Kündigungsbestätigungen erfolgreich

Versicherten darf der Krankenkassenwechsel nicht erschwert werden, indem die Kündigungsbestätigung zu spät ausgestellt wird. Zunächst hatte das Landgericht Berlin der Wettbewerbszentrale Recht gegeben (LG Berlin, Urteil vom17.01.2017, Az. 16 O 47/16). In der mündlichen Verhandlung Anfang März machte der Richter in der Berufungsverhandlung deutlich, dass er das Urteil des Landgerichts bestätigen werde, sodass die Krankenkasse ihre Berufung zurücknahm. Bei der Kündigungsbestätigung handelt es sich nicht um eine reine Formalie, sondern sie ist zur Begründung der neuen Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse zwingend notwendig.

Bei den rückläufigen Anfragen und Beschwerden im Krankenkassenbereich (in 2017 insgesamt 66 und 2018 bislang 20 Fälle) handelt es sich ansonsten eher um „Klassiker“ wie etwa Irreführung über Testergebnisse oder den Leistungsumfang. So warb zum Beispiel eine Krankenkasse gezielt bei Auszubildenden für einen sportmedizinischen Check, obwohl die Kosten dafür tatsächlich nicht übernommen werden. Derartige Fälle wurden außergerichtlich unterbunden.

Wettbewerbszentrale
Die Wettbewerbszentrale ist die größte und einflussreichste Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb. Getragen wird die gemeinnützige Organisation von mehr als 1.200 Unternehmen und über 800 Kammern und Verbänden der Wirtschaft. Sie finanziert sich allein aus der Wirtschaft heraus und erhält keine öffentlichen Mittel. Als branchenübergreifende, neutrale und unabhängige Institution der deutschen Wirtschaft setzt sie die Wettbewerbs- und Verbraucherschutzvorschriften im Markt – notfalls per Gericht – durch. Sie bietet umfassende Informationsdienstleistungen, berät ihre Mitglieder in allen rechtlichen Fragen des Wettbewerbs und unterstützt den Gesetzgeber als neutraler Ratgeber bei der Gestaltung des Rechtsrahmens für den Wettbewerb.

Kontakt:
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs
Frankfurt am Main e.V.
Christiane Köber
Landgrafenstr. 24 B
61348 Bad Homburg
Tel.: 06172-121520
E-Mail: koeber@wettbewerbszentrale.de

Weiterführende Informationen


Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Gesundheitswesen >>

Jahresbericht 2017 der Wettbewerbszentrale >>

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