Ein Hamburger Bier aus Mönchengladbach? Wettbewerbszentrale erhebt vor dem LG Hamburg Klage wegen „Etikettenschwindels“ (Az. 312 O 336/20). Es geht dabei um das Bier „Reeper B“ mit dem nach Ansicht der Wettbewerbszentrale der Eindruck erweckt wird, dass das Bier aus Hamburg stammt, obwohl es tatsächlich in Mönchengladbach gebraut und abgefüllt wird.
Zum Fall
Auf den Umverpackungen aller Produktsorten der Biermarke „REEPER B“ befinden sich vorder- und rückseitig ein rotes Produktlabel mit weißer Aufschrift. Dort ist die Bezeichnung ,,REEPER B.“ mittig aufgeführt. In unmittelbarer Nähe hierzu findet der Verbraucher die Angaben ,,HAMBURG“ sowie ,,ST. PAULI“. Zwischen diesen beiden Angaben ist zudem ein Anker abgebildet. Unter der Bezeichnung ,,REEPER B.“ ist die Aufschrift: ,,in Love with German Beer“ abgebildet, wie folgt:
Auch auf der deutschsprachigen Produktwebseite ,,www.reeper-b.de“, wird das Dosenbier mit diversen Werbeäußerungen und in einer Aufmachung, die immer wieder unmissverständliche Bezüge zu Hamburg sowie der Reeperbahn aufweist, beworben. Der Bezug zu Hamburg wird sowohl durch Fotos auf denen Hamburg zu sehen ist (z. B. Hafen, Reeperbahn) als auch durch Texthinweise (z. B. ,,Reeper B. ist in Hamburg zu Hause.“) hergestellt. Unstreitig betreibt der Vertreiber des Bieres weder auf der Reeperbahn noch im Hamburger Hafen oder im Stadtgebiet der Freien und Hansestadt Hamburg eine Brauerei. Sowohl die Gestaltung der Bierdosen als auch die Internet- und sonstige Werbung verstößt nach Ansicht der Wettbewerbszentrale gegen lauterkeitsrechtliche Vorschriften und ist insbesondere irreführend. Nach einer Abmahnung war das Unternehmen außergerichtlich nur bereit, den Abfüllhinweis um einen Hinweis auf die Stadt anzugeben, in der das Dosenbier gebraut und abgefüllt wird. Bei ansonsten unveränderter Produktaufmachung und Werbung ist das aus Sicht der Wettbewerbszentrale aber nicht ausreichend, so dass die Wettbewerbszentrale Klage erhoben hat.
Beurteilung
Indem auf den Produkten und in deren Werbung die Herkunftsangaben ,,HAMBURG“,,,ST. PAULI“ und ,,REEPER B“ angegeben werden, obwohl das Produkt eine andere Herkunft als diese Orte hat, nämlich Mönchengladbach, sind nach Auffassung der Wettbewerbszentrale die Produktaufmachung und das Merchandising des Bieres für den Verbraucher irreführend.
Denn indem die Beklagten auf ihrem Produktlabel die geografischen Angaben ,,HAMBURG“, ,,ST.PAULI“ und ,,REEPER B.“ verwendet, gelangt zumindest ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise zu der Vorstellung, dass das ,,REEPER B.“-Bier aus Hamburg und/oder St. Pauli und/oder von der Reeperbahn stammt und insbesondere dort gebraut werde, zumindest also ein wesentlicher Teil der Produktionsschritte in Hamburg erbracht wird, obwohl dies nicht den Tatsachen entspricht. Eine solche Irreführung soll auf ganzer EU-Ebene vermieden werden, so dass Art. 7 Abs. 1a, Abs. 4 Lebensmittelinformationsverordnung (1169/2011 /EU) (LMIV) explizit bestimmt, dass Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein dürfen, wobei Art. 7 Abs. 1a LMIV den Herkunftsort konkret erwähnt:
Informationen über Lebensmittel dürfen nicht irreführend sein, insbesondere
a) in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels, insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung;
Ein solches Verhalten ist nach Ansicht der Wettbewerbszentrale zugleich auch nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG und gem. § 127 Abs. 1 MarkenG irreführend.
Das Angebot, den Abfüllhinweis um einen Hinweis auf die Stadt zu ergänzen, reicht in den Augen der Wettbewerbszentrale nicht aus, um die Irreführung zu entkräften. An solche sogenannten entlokalisierende Zusätze und deren Geeignetheit, eine Irreführung des Verkehrs auszuschließen, sind hohe Anforderungen zu stellen Eine seitliche Anbringung an nicht prominenter Stelle kann die auf der Frontseite und Rückseite der Dose überaus massiv erweckte unrichtige Herkunftserwartung mit all ihren Hamburg-Bezügen und die begründete Irreführung nicht ausschließen.
Die Brauerei kann nun auf die Klage erwidern und das LG Hamburg muss am Ende den Fall entscheiden, sofern der Anspruch nicht doch noch anerkannt wird.
Weiterführende Informationen
Dies ist nicht der erste Fall, indem über Herkunft oder den Abfüller die Verbraucher getäuscht werden, vgl. hierzu z. B.:
News der Wettbewerbszentrale v. 27.09.2018 // „Brauerei“ muss Bier auch selbst brauen >>
M 1 0225/20
ao/cb
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