In jüngster Zeit ist zu beobachten, dass preisaggressiv angebotene Hörgeräte auf den Markt kommen, die allerdings nicht über eine individuell veränderbare Ausgangsschalldruckbegrenzung verfügen. Von der Wettbewerbszentrale hierzu befragte Sachverständige gehen auf der Grundlage entsprechender Richtlinien von einem noch zulässigen Expositionswert von 87 dB aus.
Die Wettbewerbszentrale hat nun in einem ersten abgeschlossenen Fall eines Onlinehändlers ein ausdrücklich als „Hörgerät“ bezeichnetes System vorgefunden, bei dem für ein hinter dem Ohr zu tragendes Gerät ein maximaler Ausgangsschalldruckpegel von 128 dB und für ein in dem Ohr zu tragendes Gerät ein Pegel von 131 dB festgestellt wurde, ohne dass durch individuelle Eingriffe hier hätten entsprechende Regulierungen vorgenommen werden können. In einem solchen Fall ergibt sich für den Nutzer in der letzten Konsequenz, dass der bereits vorhandene Hörverlust sich – entgegen der Zweckbestimmung eines Hörgeräts – bei längerem Tragen weiter verschlimmert.
Dies stellt nach Auffassung der Wettbewerbszentrale eine Gesundheitsgefährdung i. S. des § 4 Abs. 1 Medizinproduktegesetz dar. Dementsprechend hat sich der Vertreiber nach vorheriger Abmahnung nun gegenüber der Wettbewerbszentrale u. a. verpflichtet, die beiden angesprochenen Hörgeräte nicht weiter in Verkehr zu bringen (HH 1 0239/17).
Zwei weitere, ähnliche Fälle sind derzeit bei den Landgerichten Freiburg i. Br. (Az. 12 O 36/17 KfH) und Karlsruhe (Az. 15 O 53/17 KfH) anhängig, nachdem eine außergerichtliche Verständigung über die Einstellung des Vertriebs der betreffenden Geräte nicht erzielt werden konnte (HH 1 0080/17; HH 1 0299/16).
Weiterführende Informationen
Jahresbericht 2016 der Wettbewerbszentrale >>
pb
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