Neue gesetzliche Regelungen generieren nicht selten den Bedarf nach ebenso neuen Dienst-leistungen. So bestimmt § 8 des Energiedienstleistungsgesetzes (EDL-G) mit dem allgemeinen Ziel der Steigerung der Energieeffizienz bei Endnutzern u. a., dass in Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern alle vier Jahre ein sog. Energieaudit durchzuführen ist (§ 8 EDL-G). In der Folge werden auch allgemeine Anforderungen an die Qualifikation der Energieberater und Auditoren geregelt (§ 8 a EDL-G). Eine Zertifizierung durch akkreditierte Stellen ist nach der gegenwärtigen Rechtslage nicht vorgesehen.
Ein Berliner Energieberatungsunternehmen hatte dies als Marktlücke erkannt und bot als Beitrag zur Qualitätssicherung ein „Qualitätssiegel für Berater“ an. Hierzu führt das Unternehmen eine entsprechende Zertifizierung für Energieberater und Auditoren durch.
Siegelanbieter gleichzeitig Vermittler von entsprechend ausgezeichneten Auditoren
Das Berliner Unternehmen trat jedoch gleichzeitig am Markt selbst als Vermittler von Auditoren auf und bot auch eigene Audit-Projekte am Markt unter Mitwirkung der selbst ausgezeichneten Berater und Auditoren an. Auch wurde vom Unternehmen zertifizierten Qualitätssiegelträgern eine entsprechende Mitarbeit in eigenen Projekten in Aussicht gestellt. Je mehr Berater mit dem Qualitätssiegel ausgezeichnet wurden, desto mehr Projektaufträge würde das Unternehmen also auch annehmen können.
Angesprochene Kundenkreise erwarten Neutralität bei der Siegelvergabe
In dieser Verquickung von Siegelvergabe und eigenen weitergehenden unternehmerischen Interessen sah die Wettbewerbszentrale die Grundlage für einen Interessenkonflikt, der die Neutralität der Qualitätssiegelvergabe selbst in Frage stellt. Eben diese Objektivität und Neutralität erwarten die angesprochenen Verkehrskreise jedoch in Anbetracht eines mit Auszeichnung versehenen Auditors oder Energieberaters. In dieser Erwartung werden am Erwerb des Qualitätssiegels interessierte zukünftige Auditoren und Energieberater ebenso enttäuscht wie die auf die qualifizierten Beratungsleistungen der ausgezeichneten Auditoren angewiesenen Unternehmen bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus § 8 Energiedienstleistungsgesetz.
Daher sah sich die Wettbewerbszentrale veranlasst, das Unternehmen wegen Irreführung und Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten in Anspruch zu nehmen. Im Zuge dieser Beanstandung forderte die Wettbewerbszentrale eine umfassende Unterlassung der Werbung für die Vergabe der Qualitätssiegels, solange und soweit jedenfalls die auf die Auszeichnung einerseits und die eigenen Beratungsprojekte andererseits bezogenen Unternehmensbereiche nicht personell und organisatorisch strikt getrennt geführt werden. Nachdem eine außergerichtliche Verständigung hierüber nicht möglich war, hat die Wettbewerbszentrale nunmehr Klage zum Landgericht Berlin erhoben, um ihre Forderungen gerichtlich durchzusetzen.
Weiterführende Informationen
Überblick zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Energiewirtschaft >>
HH 1 0141/16
pb
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