Soll eine Immobilie am Markt zum Kauf oder zur Miete angeboten werden, sei es durch den Eigentümer selbst oder durch einen Immobilienmakler, wird die Immobilie oft über eine Immobilienplattform angeboten. Mit Suchfiltern kann der Nutzer unter anderem eine bestimmte Postleitzahl als Suchparameter eingeben, in deren Bezirk sich die gesuchte Immobilie befinden soll.
Irreführung – Immobilie mit falscher Postleitzahl in Immobilienportal inseriert
Die Wettbewerbszentrale beobachtet, dass einzelne Immobilienanbieter dazu übergehen, ein und dieselbe Immobilie teilweise mit bis zu vier verschiedenen Stadtbezirken bzw. unterschiedlichen Postleitzahlen bei Immobilienportalen anzubieten, um eine höhere Trefferquote beim Einsatz von Suchfiltern zu erzielen.
In einem Fall, der aktuell beim Kammergericht Berlin anhängig ist (Az. 5 U 115/15), wurde eine Immobilie in Berlin-Friedrichshain parallel mit der Lagebeschreibung Berlin – Prenzlauer Berg, Berlin – Kreuzberg sowie Berlin – Lichtenberg angeboten. Mit dieser Vorgehensweise erzielt der Anbieter der Immobilie eine Manipulation der Suchergebnisse und lenkt das Interesse auf eine Immobilie, die nicht dem eingegebenen Suchfilter des Nutzers entspricht. In der erstinstanzlichen Entscheidung führt das Landgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 04.08.2015 (Az. 15 O 56/15) zu dem Irreführungsvorwurf der Wettbewerbszentrale aus:
„Das Gericht ist der Auffassung, dass die Lage ein wesentliches Kriterium für die Entscheidung zum Kauf oder zur Miete einer Immobilie ist. Insbesondere die Frage, in welchem Ortsteil sich die Wohnung innerhalb eines Bezirks befindet, ist für die angesprochenen Verkehrskreise keinesfalls nachrangig, sondern hat maßgebliche Bedeutung….Gerichtsbekannt gilt zudem, dass die Berliner Bezirke flächenmäßig oft größer sind als Bezirke in kleineren Großstädten und sich die Ortsteile in Attraktivität, Lebensgefühl, vorhandener Infrastruktur, Kauf- bzw. Mietpreisen, Bevölkerungszusammensetzung und anderen Faktoren teils erheblich voneinander unterscheiden.“
Über diesen Fall hat die Wettbewerbszentrale auch auf Seite 83 des Jahresbericht 2014 >> im Kapitel „Immobilienwirtschaft“ berichtet.
Das Phänomen der Werbung mit einer falschen Postleitzahl wird nicht nur innerhalb der Stadt Berlin gesichtet. In manchen Fällen musste die Wettbewerbszentrale feststellen, dass sogar Immobilien, die sich im Bundesland Brandenburg befanden, mit einer Berliner Postleitzahl bei Immobilienportalen eingestellt waren, um eine höhere Aufmerksamkeit bei Wohnungssuchenden zu erzielen. In den meisten Fällen konnten die Verstöße mittels Abmahnung und Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (vgl. Jahresbericht >> Seite 83).
Irreführung – Inserat „Haus kaufen“ bezog sich auf unbebautes Grundstück
In einem anderen Fall war die Einleitung gerichtlicher Schritte erforderlich, weil ein Anbieter eine Immobilie in Brandenburg (Glieniecke/Nordbahn) unzutreffenderweise mit dem Zusatz „13465 Berlin“ beworben hatte. Hinzu kam die Beanstandung eines weiteren Exposés, welches der Anbieter unter der Rubrik „Haus kaufen“ mit der Beschreibung
Ideal geschnittener 1500 m² Baugrund in Traumlage am Naturschutzgebiet-Glienicke
Kaufpreis 399.000 €
280 m² Wohnfläche
5 Zimmer
1.500 m² Grundstück
angepriesen hatte, obwohl sich der Kaufpreis ausschließlich auf das Grundstück bezog – die beschriebene Immobilie mit 5 Zimmern existierte auf dem Grundstück nicht und wurde nur beispielhaft für eine Bebauungsmöglichkeit aufgeführt.
Die erforderliche Abschlusserklärung wurde nicht abgegeben, so dass im Februar 2016 Hauptsacheklage beim Landgericht Berlin eingereicht wurde. Die Entscheidung des Landgerichts Berlin (Beschluss vom 29.10.2015, Az. 16 O 438/15) ist somit nicht rechtskräftig.
Irreführungsfälle führen zu Wettbewerbsverzerrungen
Irreführende Angaben zur Lagebeschreibung sind nicht nur geeignet, Verbraucher zu täuschen, sondern verschaffen den unlauter handelnden Unternehmen auch einen Vorsprung im Wettbewerb gegenüber den gesetzestreuen Mitbewerbern. Vor diesem Hintergrund wehren sich nicht nur Konkurrenten, sondern auch der Branchenverband IVD (Immobilienverband Deutschland) gegen derartige unlautere Geschäftspraktiken und unterstützen das Vorgehen der Wettbewerbszentrale als Werbeselbstkontrollorgan der Wirtschaft.
Wettbewerbszentrale erreicht überwiegend außergerichtliche Streitbeilegung
Die Wettbewerbszentrale erhält im Bereich der Immobilienwirtschaft im Jahr zwischen 260 und 400 Anfragen und Beschwerden – diese werden bundesweit im Rahmen einer Sonderzuständigkeit vom Büro Berlin der Wettbewerbszentrale bearbeitet. Die Fallgestaltungen reichen von Verstößen gegen immobilienspezifische Gesetze wie das Wohnungsvermittlungsgesetz (WoVermRG), welches auch das sog. Bestellerprinzip regelt, bis hin zu Verstößen gegen allgemeine Wettbewerbsregeln wie die Preisangabenverordnung (PAngV), das Irreführungsverbot (§ 5 UWG) und das Telemediengesetz (TMG). Kennzeichnungspflichten nach der EnEV spielen in der Immobilienwirtschaft ebenfalls eine Rolle. In den meisten Fällen können die wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten außergerichtlich durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung geklärt werden.
(B 1 0462/14 und B 1 0382/15)
Weiterführende Informationen:
Auszug aus dem Jahresbericht der Wettbewerbszentrale 2014, Kapitel Immobilienwirtschaft >>
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich „Immobilienwirtschaft“ >>
jb
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