Vorgehen der Wettbewerbszentrale gegen Kassenzahnärztliche Vereinigung wegen Kampagne gegen Krankenkassen scheitert an fehlender Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts
Die Zahnärzte sollen ihre Patienten einspannen, damit die Krankenkassen die Honorarverhandlungen mit der Kassenzahnärztliche Vereinigung wieder aufnehmen. Mit dieser Aktion wird nach Auffassung der Wettbewerbszentrale das Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient ausgenutzt und unzulässiger Druck auf die Patienten ausgeübt. Ein solches Vorgehen stuft die Wettbewerbszentrale als unzulässige aggressive Werbung im Sinne des § 4a UWG ein. Allerdings hat das OLG Hamm den Antrag der Wettbewerbszentrale, die Kampagne der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) zu stoppen, zurückgewiesen (OLG Hamm, Urteil vom 13.08.2019, Az. I-4U 9/19), weil die Spezialregeln des SGB 5 vorgingen und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) daher nicht anwendbar sei. Dies kann sich möglicherweise zukünftig durch das Faire-Kassenwahl-Gesetz ändern.
Zum Sachverhalt
Die KZV vertritt als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Interessen der Kassenzahnärzte. In einem Rundschreiben an ihre Mitglieder berichtete die KZV, dass namentlich genannte Krankenkassen „ohne Not“ die Honorarverhandlungen abgebrochen hätten. Beigefügt war dem Schreiben das Muster des nachfolgend abgebildeten Posters, das Zahnärzte in ihren Praxen aushängen sollten:
Flankierend dazu sollten Zahnärzte in ihren Praxen die nachfolgend abgebildeten Postkarten auslegen, die von Patienten ausgefüllt und an ihre jeweilige Krankenkasse geschickt werden sollten:
Spezialregelung des § 69 SGB 5 geht UWG vor
Die Wettbewerbszentrale hatte die Aktion als unzulässige aggressive Werbung im Sinne des § 4a UWG beanstandet. Der Zahnarzt werde angehalten, seine Vertrauensposition gegenüber dem Patienten auszunutzen, um Druck auf die Krankenkassen auszuüben. Der Patient müsse angesichts des Textes auf dem Poster befürchten, eine Nichtteilnahme an der Aktion könne sich zu seinem Nachteil auswirken (tatsächlich erhielten zahlreiche Krankenkassen derartige Postkarten, versehen mit kritischen Kommentaren der Patienten).
Während das LG Münster in erster Instanz die einstweilige Verfügung erließ, wies das OLG Hamm den Antrag mit Blick auf die Spezialregelung des § 69 SGB 5 zurück. Nach dieser Vorschrift regeln das vierte Kapitel des SGB 5 sowie die §§ 63 und 64 SGB 5 abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu Zahnärzten bzw. ihren Verbänden. Für eine Beurteilung nach dem UWG sah das OLG Hamm keinen Raum angesichts dieser Spezialregelung. Zu einer inhaltlichen Beurteilung der Kampagne durch die Richter kam es daher nicht mehr.
Änderung der Rechtslage durch Faire-Kassenwahl-Gesetz?
Das Bundesgesundheitsministerium hat im Frühjahr 2019 den Entwurf eines Gesetzes für eine faire Kassenwahl in der gesetzlichen Krankenversicherung (Faire-Kassenwahl-Gesetz) vorgelegt. Unter anderem soll mit diesem Gesetz ein neuer § 4a in das SGB 5 eingefügt werden, nach dem für geschäftliche Handlungen der Krankenkassen überwiegend die Normen des UWG gelten sollen. Nach Art. 1 des Entwurfes soll § 51 SGG dahingehend geändert werden, dass Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche der Krankenkassen von der Zuständigkeit der Sozialgerichte ausgenommen sind. Sollten diese Änderungen umgesetzt werden, bleibt abzuwarten, wie die Gerichte § 69 SGB 5 im Gefüge dieser neuen sozialrechtlichen Regelungen bewerten.
Weiterführende Informationen
Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit Entwurf eines Gesetzes für eine faire Kassenwahl in der gesetzlichen Krankenversicherung >> aus dem Internetangebot des Bundesgesundheitsministeriums
Weitere Stellungnahmen zum Referentenentwurf Faire-Kassenwahl-Gesetz >> aus dem Internetangebot des Bundesgesundheitsministeriums
F 4 0386/18
ck
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