Das LG Linz (Österreich) hat einer dortigen Brauerei untersagt, ein Bier u.a. mit der Behauptung „CO₂ neutral gebraut“ zu bewerben, ohne ausreichend deutlich darauf hinzuweisen, dass nicht der gesamte Herstellungsprozess ab Ernte CO₂ neutral erfolgt, sondern nach der Ernte insbesondere zur Bearbeitung der Gerste noch Methangas (Erdgas) eingesetzt wird – ein fossiler Energieträger, der nicht CO₂ neutral ist (LG Linz, Urteil vom 27.03.2023, Az. 3 Cg 69/22k – 8 – nicht rechtskräftig). Das von einem österreichischen Verbraucherschutzverband erwirkte Urteil ist jüngst bekannt geworden. Berufung wurde eingelegt, die Entscheidung ist daher nicht rechtskräftig.
Die beklagte Brauerei hatte für ein von ihr erzeugtes und vertriebenes Bier in Fernsehspots sowie auf Verpackungen mit der Aussage „CO₂ neutral gebraut“ geworben. Der klagende Verband hielt das für irreführend: Die angesprochenen Verkehrskreise gingen bei dieser Werbeaussage von einem CO2-neutralen Herstellungsprozess ab Ernte aus. Tatsächlich liege aber zwischen Ernte und Brauvorgang noch das energieaufwändige Mälzen. Dafür werde Wärme und Strom benötigt. Die beklagte Brauerei beziehe Malz von Mälzereien, die für das Mälzen Wärme unter Verwendung von Erdgas einsetzten.
LG Linz fordert Aufklärung darüber, auf welche Produktionsschritte sich „gebraut“ bezieht
Auch das Gericht hielt die Werbung mit „CO₂ neutral gebraut“ für irreführend. Auch wenn sich die Werbung auf den Brauprozess beschränke, bleibe es für den angesprochenen Verbraucher unklar, auf welche konkreten Produktionsschritte sich das „gebraut“ in der Werbeaussage der Brauerei beziehe. Zwar sei den Verkehrskreisen bekannt, dass Bier aus Wasser, Hopfen und Malz hergestellt wird. Ob aber konkret die Herstellung des Malzes (als tatsächlich keineswegs CO₂-neutraler Produktionsschritt) als Teil des Brauprozesses anzusehen und somit von der behaupteten CO₂-Neutralität umfasst sei, bleibe unklar. Außerdem stelle die Brauerei auf ihrer Internetseite das Mälzen explizit als Teil des Brauprozesses dar, sodass dadurch der unrichtige Eindruck erweckt werde, auch das Mälzen erfolge hier im Rahmen der Herstellung des Bieres CO₂-neutral.
Das Verfahren aus Österreich zeigt, dass auch im Nachbarland Transparenz bei Werbung mit Green Claims gefordert wird. Auch dort gilt – unabhängig von geplanter Regulierung, wie in aktuellen RL-Entwürfen vorgesehen – das Verbot irreführender Geschäftspraktiken, wie es in der europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG) verankert und auch im UWG (Österreich) umgesetzt ist.
Werbung mit Green Claims Gegenstand von Grundsatzverfahren der Wettbewerbszentrale
Die Wettbewerbszentrale führt im Hinblick auf Werbung mit Umweltbezug derzeit einige Grundsatzverfahren. Sie will gerichtlich klären lassen, welche Anforderungen an eine Werbung mit dem Green Claim „klimaneutral“ zu stellen sind. Mit diesen Verfahren will die Selbstkontrollinstitution der Wirtschaft für fairen Wettbewerb zu mehr Rechtssicherheit beitragen. In einigen dieser Grundsatzverfahren liegen bereits Gerichtsentscheidungen vor, weitere Entscheidungen werden in Kürze erwartet.
ug
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