Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom heutigen Tag das Verfahren, in dem es um die Klärung der Angabe des Ursprungslandes „Deutschland“ bei Kultur-Champignons geht, ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof vier Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH, Az. I ZR 74/16).
In dem von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren geht es um die Frage, ob die Kennzeichnung einer Verpackung mit frischen Kultur-Champignons mit der Angabe „Ursprung: Deutschland“ zulässig ist, wenn die Pilze in den Niederlanden aufgezogen und nur für die Ernte nach Deutschland verbracht werden.
Die Wettbewerbszentrale hält diese Kennzeichnung der Verpackung für irreführend, weil die angesprochenen Verkehrskreise insoweit davon ausgehen, dass die Champignons auch tatsächlich in Deutschland produziert und gewachsen sind und eben nicht nur für die Ernte von den Niederlanden nach Deutschland gefahren werden.
Die Vorlagefragen lauten wie folgt:
- Ist für die Bestimmung des Begriffs des Ursprungslands gemäß Art. 113a Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 auf die Begriffsbestimmungen in Art. 23 ff. Zollkodex und Art. 60 Unionszollkodex abzustellen?
- Haben Kulturchampignons, die im Inland geerntet werden, gemäß Art. 23 der Verordnung (EWG) Nr. 2992 und Art. 60 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 einen inländischen Ursprung, wenn wesentliche Produktionsschritte in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgt und die Kulturchampignons erst 3 oder weniger Tage vor der ersten Ernte ins Inland verbracht worden sind?
- Ist das Irreführungsverbot des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie Nr. 2000/13/EG und des Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 auf die nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vorgeschriebene Ursprungsangabe anzuwenden?
- Dürfen der nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vorgeschriebenen Ursprungsangabe aufklärende Zusätze hinzugefügt werden, um einer nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie Nr. 2000/13/EG sowie Art. 7 Abs. 1 Buchst. A der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verbotenen Irreführung entgegenzuwirken?
Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte entschieden, dass Kulturchampignons gemäß Art. 23 Zollkodex auch in diesem Fall nur mit der Angabe „Ursprung: Deutschland“ zu versehen sind, wenn die Champignons lediglich für die Ernte nach Deutschland gefahren werden und die Aufzucht in den Niederlanden stattgefunden hat (
siehe die News vom 18.03.2016 >>). Für eine zusätzliche Kennzeichnung mit Hinweisen auf die Aufzucht in den Niederlanden besteht nach Auffassung des Gerichts keine gesetzliche Grundlage, obwohl das Gericht selber eine Irreführung der Verbraucher angenommen hat.
Der BGH hat nun dem EuGH die obigen Fragen zur Entscheidung vorgelegt, da es um die Auslegung von europäischen Vorschriften geht. Mit Spannung ist nun auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof zu warten. Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH die von den Vorinstanzen angenommene gesetzlich vorgesehene Irreführung der Verbraucher z.B. durch Zusätze auf der Verpackung abwenden wird oder ob er schon den Zollkodex nicht als maßgeblich ansieht für die Bestimmung des Ursprungslandes.
Die Gründe des Beschlusses liegen noch nicht vor.
F 4 0784/13
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Lebensmittel >>
Jahresbericht 2016 der Wettbewerbszentrale >>
ad
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