Die Wettbewerbszentrale hat in dem Verfahren um die Angabe des Ursprungslands „Deutschland“ bei in den Niederlanden aufgezogenen Kultur-Champignons (siehe die News vom 18.03.2016 >>) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 10.03.2016, Az. 2 U 63/15, Revision eingelegt und diese auch begründet. Die Revision wird beim BGH unter dem Az. I ZR 74/16 geführt.
Gegenstand des Verfahrens ist die Kennzeichnung einer Verpackung mit frischen Kultur-Champignons mit der Angabe „Ursprung: Deutschland“. Tatsächlich wurden die Pilze aber in den Niederlanden aufgezogen und nur für die Ernte nach Deutschland verbracht. Die Wettbewerbszentrale hatte die Kennzeichnung der Verpackung der Kulturchampignons als irreführend beanstandet, weil die angesprochenen Verkehrskreise bei der Kennzeichnung davon ausgehen, dass die Champignons auch tatsächlich in Deutschland produziert und gewachsen sind und nicht lediglich für die Ernte von den Niederlanden nach Deutschland gefahren werden.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte entschieden, dass Kulturchampignons gemäß Art. 23 Zollkodex auch dann nur mit der Angabe „Ursprung: Deutschland“ zu versehen sind, wenn die Champignons lediglich für die Ernte nach Deutschland gefahren werden und die Aufzucht in den Niederlanden stattgefunden hat (siehe die News vom 18.03.2016 >>). Für eine zusätzliche Kennzeichnung mit Hinweisen auf die Aufzucht in den Niederlanden besteht nach Auffassung des Gerichts keine gesetzliche Grundlage, obwohl das Gericht selber eine Irreführung der Verbraucher angenommen hat.
Die Wettbewerbszentrale hat die von dem OLG Stuttgart zugelassene Revision eingelegt, um für die Branche klären zu lassen, welches Ursprungsland bei Kulturchampignons anzugeben ist und ob tatsächliche eine Irreführung der Verbraucher hinzunehmen ist. Sie hält die Angabe mit „Ursprung: Deutschland“ für nicht verpflichtend. Für landwirtschaftliche Produkte, die wie Champignons in mehreren Schritten produziert werden, könnten keine anderen Maßstäbe gelten als für Industrieprodukte. Das Ursprungsland eines Industrieerzeugnisses richte sich im Ergebnis danach, wo das Erzeugnis aus Sicht des Verkehrs seine im Vordergrund stehenden qualitätsrelevanten Bestandteile oder wesentlichen produktspezifischen Eigenschaften erhalte. Für Verbraucher komme es bei Lebensmitteln entscheidend darauf an, ob die Produkte aus Deutschland stammen. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber mit der Einführung der Pflicht zur Angabe des Ursprungslandes keine Irreführung von Verbrauchern in Kauf nehmen wollen.
Es bleibt jetzt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof den Fall beurteilt. Bislang liegt noch kein Termin zur mündlichen Verhandlung vor.
F 4 0784/13
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Lebensmittel >>
Jahresbericht 2015 der Wettbewerbszentrale >>
ad
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