Das Landgericht Frankfurt am Main hat einem Lebensmittelunternehmen auf Antrag der Wettbewerbszentrale untersagt, für Tiefkühlkost wie Kroketten mit den Aussagen „100 % Klimaneutral“ und „der weltweit erste 100 % klimaneutrale Tiefkühl-Kartoffelspezialist. Vom Kartoffelacker bis ins Tiefkühlregal des Handels“ zu werben (Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 31.05.2016, Az. 3-06 O 40/15, nicht rechtskräftig). Zwar hat das Unternehmen versucht CO2-Emissionen zu reduzieren und zu vermeiden. Die „neutrale“ Klimabilanz wird aber nur durch den Erwerb von Emissionsschutzrechten erreicht. Mit der Werbung werde bei den Verbrauchern der falsche Eindruck erweckt, dass das Unternehmen die Klimaneutralität hinsichtlich der gesamten Produktionskette erreicht habe.
Die Wettbewerbszentrale hatte die Werbung des österreichischen Unternehmens als Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1a Lebensmittelinformationsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 – abgekürzt: LMIV) beanstandet, weil das Unternehmen die Verbraucher in Bezug auf die Herstellung und den Vertrieb der Produkte in die Irre führt. Durch die Hervorhebung „vom Kartoffelacker bis ins Tiefkühlregal“ sowie „weltweit erster 100 % klimaneutrale Tiefkühl-Kartoffelspezialist“ wird nach Auffassung der Wettbewerbszentrale der Eindruck erweckt, die Klimaneutralität beziehe sich auf sämtliche Produktionsschritte.
Dieser Auffassung ist das Landgericht Frankfurt am Main gefolgt. Das Gericht führt aus, dass die Werbung von den angesprochenen Verkehrskreisen so verstanden werde, dass die Produkte des Unternehmens vollständig klimaneutral seien, sich mithin nicht schädlich auf das Klima auswirkten. Den Hinweis auf die 100 %ige Klimaneutralität der gesamten Produktionskette einschließlich der Logistik würden die angesprochenen Verkehrskreise mit der Vorstellung verbinden, dass es dem Unternehmen als erstem Hersteller gelungen sei, bei jedem einzelnen Produktionsschritt (Herstellung und Vertrieb) durch entsprechende Maßnahmen einen CO2-Ausstoß zu vermeiden. Die Irreführung sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil auf den Tiefkühlprodukten auf die Internetseite des Unternehmens verwiesen werde, auf der die CO2-Neutralität des Unternehmens erläutert werde. Denn zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung des Verbrauchers liegen diesem diese Informationen nicht vor.
Umweltbezogene Werbeaussagen besitzen eine hohe Attraktivität für die Unternehmen, da Verbraucher in hohem Maße emotional angesprochen werden. Bei der Werbung mit umweltbezogenen Aussagen sollte darauf geachtet werden, dass die Aussagen für die Verbraucher verständlich und transparent sind. Die Rechtsprechung fordert hier strenge Anforderungen und weitgehende Aufklärungspflichten.
F 8 0045/15
Weiterführende Informationen
Jahresbericht Lebensmittel 2015 >>
Jahresbericht 2015 der Wettbewerbszentrale >>
ad
Weitere aktuelle Nachrichten
-
Wettbewerbszentrale setzt Werbekennzeichnung im Influencer-Marketing durch
-
OLG Hamm: Unternehmen haftet für Fehler in Google Shopping-Anzeige
-
BMJ veröffentlicht Diskussionsentwurf zur Umsetzung der EmpCo-Richtlinie – Werbung mit Green Claims wird reguliert
-
Wettbewerbszentrale beanstandet Verlängerung einer zeitlich begrenzten Rabattaktion eines Online-Möbelhändlers als wettbewerbswidrig
-
BGH schafft Klarheit: Verkauf von Dekoartikeln durch Gartencenter an Sonntagen ist zulässig