Home News Turbulenzen um Fernabsatz-Widerrufsfrist und Belehrung: Entscheidungen des KG Berlin, OLG Hamburg und LG Halle – 24.08.2006

Turbulenzen um Fernabsatz-Widerrufsfrist und Belehrung: Entscheidungen des KG Berlin, OLG Hamburg und LG Halle – 24.08.2006

Drei jüngst bekannt gewordene Entscheidungen des LG Halle (Urteil v. 13.5.2005, Az. 1 S 28/05), KG Berlin (Beschluss v. 18.7.2006, Az. 5 W 156/06) und OLG Hamburg (Urteil v. 24.8.2006, Az. 3 U 103/06) führen zur Zeit zu erheblicher Unsicherheit bei der praktischen Gestaltung des Widerrufsrechts im Fernabsatz.

Drei jüngst bekannt gewordene Entscheidungen führen zur Zeit zu erheblicher Unsicherheit bei der praktischen Gestaltung des Widerrufsrechts im Fernabsatz.

Das Landgericht Halle hält die Musterwiderrufsbelehrung im Anhang der BGB-InfoV für unwirksam mit der Folge, dass sich Unternehmer nicht wirksam auf diese berufen könnten (Urteil v. 13.5.2005, Az. 1 S 28/05, Urteil im Volltext: http://www.internetrecht-rostock.de/lg-halle-1s-28-05.htm). Das Kammergericht Berlin (ein Gericht auf Oberlandesgerichtsebene) und das Hanseatische Oberlandesgericht haben in zwei Entscheidungen ausgeführt, dass die Widerrufs- bzw. Rückgabefrist bei Internet-Auktionen grundsätzlich einen Monat statt der üblichen zwei Wochen beträgt (KG, Beschluss v. 18.7.2006, Az. 5 W 156/06, Urteil im Volltext: http://www.14h.de/6584; OLG Hamburg, Urteil v. 24.8.2006, Az. 3 U 103/06, Urteil im Volltext: http://www.shopbetreiber-blog.de/?p=219).

Die Entscheidungen genießen in der Presse derzeit hohe Aufmerksamkeit und sorgen für entsprechende Verwirrung, weil – sollten sich die Ansichten der Gerichte als richtig erweisen – entgegen bisher vertretener Ansichten vermutlich mehrere 100.000 Belehrungen gewerblicher Versteigerer auf Internet-Auktionsplattformen fehlerhaft wären. Dies stellt für die jeweiligen Unternehmer ein hohes Risiko dar, weil Abmahnungen drohen und die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt wird (d. h. ein Widerruf auch nach mehreren Monaten oder Jahren noch möglich wäre, wenn die entsprechende Belehrung nicht nachgeholt wird). Die Wettbewerbszentrale erreichen daher täglich zahlreiche Anfragen zu den Auswirkungen der Entscheidungen.

Die Entscheidungen sind aus rechtlicher Sicht hoch problematisch (eine ausführliche Begründung und eine nähere Dastellung der Entscheidungen selbst finden Sie hier auf diesen Seiten). Für eine Schlechterstellung gewerblicher eBay-Versteigerer gegenüber dem „regulären“ Internet-Handel lassen sich keinerlei Argumente finden. Auch der Verbraucherschutz gebietet keine Verlängerung der Widerrufsfrist für Internet-Auktionen, weil der Verbraucher bereits vor Abgabe seiner Vertragserklärung über seine Rechte informiert sein muss (die Belehrung muss zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht in Textform erfolgen, sondern kann auch auf einer Webseite bereitgehalten werden). Legt man nach dem Sinn und Zweck des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB aus, soll die Vorschrift lediglich bewirken, dass dem Verbraucher dann eine verlängerte Widerrufsfrist zusteht, wenn die Belehrung in Textform mit zeitlicher Unterbrechung nach der Kenntnisnahme des Verbrauchers vom Vertragsschluss erfolgt.

Angesichts der die Rechtsansicht des Kammergerichts bestätigenden Ansicht des OLG Hamburg kann zur Zeit nur dringend empfohlen werden, bei gewerblichem Handel über Internet-Auktionsplattformen ein einmonatiges Widerrufsrecht einzuräumen. Da bei Internet-Auktionen aber auch ein Wertersatz nicht wirksam vereinbart werden kann, da ein entsprechender Hinweis spätestens bei Vertragsschluss in Textform erfolgen müsste (und zumindest das Muster der Rückgabebelehrung keine entsprechende Erläuterung zulässt), bietet auch eine Verwendung der gesetzlichen Muster der Widerrufs- und Rückgabebelehrung bei Internet-Auktionen heute keine Rechtssicherheit mehr. Es sollte daher ein Anwalt mit der Erstellung einer auf die konkrete Situation abgestimmten Belehrung beauftragt werden.

Die Einräumung eines zweiwöchigen Widerrufsrechts und die entsprechende Belehrung wird – auch bei gewerblichen Internet-Auktionen – von der Wettbewerbszentrale nicht beanstandet. Uns ist aber bekannt, dass zahlreiche Mitbewerber und Rechtsanwälte die unklare Rechtslage ausnutzen und flächendeckend abmahnen. Nach Ansicht der Wettbewerbszentrale ist aufgrund der unklaren Rechtslage dennoch die Abgabe einer Unterlassungserklärung (die bereits mit Kosten verbunden sein wird) nicht empfehlenswert. Es bleibt zu hoffen, dass das KG Berlin oder OLG Hamburg (in einem Hauptsacheverfahren), weitere Oberlandesgerichte, der BGH oder (vorzugswürdig) der Gesetzgeber in naher Zukunft für eine Klärung der Rechtslage und damit für Beruhigung des in Aufruhr geratenen Marktes sorgen.

Quellen:
– Eigene Recherche
– FAZ, 16.08.2006, S. 21

Weiterführende Information: Ausführliche Erläuterungen zu den drei Entscheidungen

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