Home News Trotz Liberalisierung mehr Wettbewerbsverstöße – Wettbewerbszentrale legt Tätigkeitsbericht 2004 vor-

Trotz Liberalisierung mehr Wettbewerbsverstöße – Wettbewerbszentrale legt Tätigkeitsbericht 2004 vor-

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V. meldet für das vergangene Jahr einen deutlichen Zuwachs an Beschwerden über unlautere Werbung.

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V. meldet für das vergangene Jahr einen deutlichen Zuwachs an Beschwerden über unlautere Werbung. „Mit insgesamt 20.376 Fällen haben wir 2004 eine Steigerung des Beschwerdeaufkommens um 9 % im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen“, erklärte Dr. Reiner Münker, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied, anlässlich der Jahrestagung des Wirtschaftsverbandes in Bad Homburg.

Angesichts der im vergangenen Jahr erfolgten Liberalisierung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb sei dieser Anstieg auf den ersten Blick überraschend, erklärte Münker. Allerdings unterlägen die Unternehmen heute zahlreichen europäischen Verbraucherschutz- sowie Informations- bzw. Transparenzvorschriften. Deren Nichteinhaltung hat enormen Einfluss auf die Vertriebs- und Marketingkosten der Unternehmen und wirkt sich daher unmittelbar verzerrend auf den Wettbewerb aus. Dies belegen die deutlich steigenden Beschwerden aus der Wirtschaft selbst.

Größten Anteil am Beschwerdeaufkommen haben Fälle mit intransparenten Verkaufsförderungsmaßnahmen, unlauteren Gewinnspielen und Verstößen gegen Marktverhaltensregelungen wie Preisangabenverordnung, Ladenschlussgesetz, Berufsordnungen der Freiberufler und Jugendschutzvorschriften. 5.467 Fälle bearbeitete die Wettbewerbszentrale in 2004 allein in diesem Bereich. Dazu kommen rund 1.700 Beschwerden und Anfragen aus dem Gesundheits- und Lebensmittelbereich mit Verstößen gegen das Heilmittelwerbegesetz, das Arzneimittelgesetz, das Apothekengesetz und das Lebensmittelrecht.

In knapp 3.500 Fällen musste die Wettbewerbszentrale sich irreführender Werbung widmen. Um die Verbraucher aus ihrer Konsumzurückhaltung herauszulocken, nehmen es manche Anbieter mit der Wahrheit nicht so genau: es werden Angebote als besonders attraktiv und Produkte als besonders qualitativ dargestellt, auch wenn dies tatsächlich nicht zutrifft. Über alle Branchen hinweg ist der Preis nach wie vor wichtigster Wettbewerbsparameter. Mogeleien bei der Bewerbung der eigenen Preise sind in Zeiten enormen Wettbewerbsdrucks daher nicht verwunderlich. „Es sind nicht immer die am besten und am günstigsten, die am lautesten schreien“, fasste Münker die langjährigen Erfahrungen der Wettbewerbzentrale mit Beschwerden über Preistäuschungen zusammen. Durch permanente und vollmundige Bewerbung von (zum Teil vermeintlichen) Preisvorteilen gelinge es manchen Märkten aber, sich das Image des Preisführers zu verschaffen. Umso wichtiger sei es hier, genau hin zu schauen und mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts wieder Transparenz und Wahrhaftigkeit bei den Preisen durchzusetzen.

Münker berichtete über zahlreiche Fälle insbesondere in der Branche der Unterhaltungselektronikmärkte, in denen etwa dem Verbraucher günstige Preise durch Bezugnahme auf eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers suggeriert worden seien, die es so gar nicht gab oder die tatsächlich deutlich niedriger war, so dass die Verbraucher über die wirkliche Ersparnis immer wieder getäuscht wurden.

Ein namhaftes Supermarktunternehmen wurde mehrfach wegen irreführender Preisvergleiche mit der Konkurrenz auffällig. Es hatte versucht, sich preiswerter als die Wettbewerber darzustellen. Unter dem Motto „Wir haben verglichen. Bester Preis vor Ort!“ wurden im Supermarkt Hinweisschilder mit den Preisen von Konkurrenten, den eigenen Preisen und der Differenz als Ersparnisbetrag platziert, obwohl die Konkurrenzpreise teilweise zu hoch angegeben waren oder das Supermarktunternehmen bei mehreren verglichenen Artikeln deutlich teurer war als der Konkurrent. In einem anderen Fall hatte das gleiche Unternehmen mit Handzetteln geworben, die Ausrisse aus der Werbezeitschrift eines Mitbewerbers enthielten und dessen Preise verglichen. Dabei hatte es auch solche Artikel verglichen, die es selbst gar nicht im Sortiment führte. Die Produktabbildungen des Mitbewerbers waren mit Abbildungen anderer, selbst geführter Artikel überklebt worden. Tatsächlich waren also nicht die identischen Artikel verglichen worden, sodass die Verbraucher getäuscht und der Wettbewerber behindert worden war.

Gewinnspiele sind zwar generell im Wettbewerb zulässig, sie dürfen aber nicht mit dem Absatz verknüpft werden, um die Verbraucher über das Gewinnspiel zum Kauf von Produkten und Dienstleistungen zu verleiten. Hierüber setzen sich jedoch immer wieder Hersteller und Händler hinweg. Ein „Millionenchance“-Gewinnspiel des Discounters PLUS fiel daher in 1. Instanz bei Gericht durch, weil nur teilnehmen konnte, wer zuvor bei PLUS ausreichend Ware eingekauft hatte.

Stets eingreifen musste die Wettbewerbszentrale gegen Gewinnspielaussendungen, in denen den Adressaten saftige Gewinne versprochen wurden, die sie angeblich mit einem Anruf unter kostenpflichtigen und besonders teuren Mehrwertdiensterufnummern (0190- etc.) abrufen konnten. Tatsächlich geht es den Versendern hier nur um das Abzocken von Telefongebühren.

Dass viel Werbemüll im Papierkorb landet, wissen auch die Werbenden. Um dennoch die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu erlangen, wird immer wieder zu kreativen Methoden gegriffen, die manchmal wettbewerbswidrig sind: Ein staatlicher Lotterie-Einnehmer aus Bamberg hatte wohl selbst wenig Zutrauen zur Wirksamkeit seiner gewöhnlichen Lotterie-Werbung. Um die Verbraucher zu erreichen, setzte er auf die verbreitete Diskussion um die Rente. In grob irreführender Weise versandte er seine Lose für die Süddeutsche Klassenlotterie in „PERSÖNLICH“ adressierten, amtsblau gehaltenen Briefumschlägen mit der Aufschrift „Ihr Rentenbescheid“, dem Hinweis „Bitte sorgfältig prüfen“ und einem Rundstempel mit der Angabe „Wichtige Renteninformation“. Nach Hinweisen einer Polizeidirektion konnte die Wettbewerbszentrale diese Aktion unterbinden.

Im Gesundheitsmarkt führt der harte Kampf um die Kunden ebenfalls zu steigenden Beschwerdezahlen. Gesetzliche Krankenkassen warben zum Teil mit nicht zutreffenden Beitragssätzen, während private Versicherer versuchten, Zusatzversicherungen mit der falschen Warnung unter die Leute zu bringen, Zahnersatz werde ab 2005 nicht mehr von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Auffällig sei, so Münker, dass unerwünschte Werbung per Telefon, Telefax und E-Mail trotz einer Verschärfung der Regelungen im vergangenen Jahr offenbar weiter hoch im Kurs stehe. Seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb im Juli 2004 seien bei der Wettbewerbszentrale über 1.300 Beschwerden wegen belästigender Werbung eingegangen. Die Adressaten solcher Werbung – egal ob Verbraucher oder Unternehmer – können sich hiergegen nur schwer wehren. „Die Mitarbeiter von Call-Centern sind so gut geschult, dass der Angerufene das Gespräch meistens nur durch eine Unhöflichkeit beenden kann“, erklärte Münker. Zulässig sind derartige Werbeformen aber nur dann, wenn der Adressat zuvor sein Einverständnis erklärt hat.

In weit über 80 % der Fälle konnten Verstöße ohne Anrufung der Gerichte abgestellt werden. Dennoch musste die Wettbewerbszentrale im vergangenen Jahr 946 Prozesse führen. „Die hohe außergerichtliche Erledigungsquote verdeutlicht einmal mehr die Vorzüge einer wirtschaftlich angemessenen und gleichzeitig hoch effizienten Selbstkontrolle in der Wirtschaft“, betonte Münker. Private Rechtsverfolgung durch Mitbewerber und Wettbewerbszentrale werde auch künftig die ausschlaggebende Rolle im Lauterkeitsrecht spielen, auch wenn Deutschland von Brüssel die Schaffung einer speziellen, durch Steuergelder zu finanzierenden Behörde aufgezwungen werde.

Weitere Informationen erhalten Sie bei:
Dr. Reiner Münker
E-Mail: muenker@wettbewerbszentrale.de

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Weiterführende Links zu dieser Mitteilung

Rückblick auf die Arbeit der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. im Jahr 2004

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