Die Frage, ob auch Immobilienmakler zur Angabe von Pflichthinweisen aus dem Energieausweis in der Immobilienwerbung verpflichtet sind, wird aus aktuellem Anlass aufgeworfen: Hintergrund ist eine nicht rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Gießen (Urteil vom 11.09.2015, Az. 8 O 7/15 – nicht rechtskräftig): Das Gericht wies eine Klage gegen eine Immobilienmaklerin ab, die in ihre Werbung für Immobilien die Pflichtangaben aus dem Energieausweis nicht vollständig aufgenommen hatte. Makler, so das Gericht, zählten nicht zu dem Personenkreis, der verpflichtet sei, in der Werbung die Pflichthinweise aus dem Energieausweis anzugeben.
Gegenstand der Entscheidung war ein Zeitungsinserat, in dem eine Maklerin mehrere Immobilien zum Kauf angeboten hatte. Neben Informationen zu Größe und Ausstattung der Objekte, zur Lage und zum Preis enthielt die Anzeige nur einen Teil der Pflichtangaben aus dem Energieausweis und war in diesem Punkt unvollständig. § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 Energieeinsparverordnung (EnEV) verlangt, dass Immobilienanzeigen in kommerziellen Medien mehrere Daten aus dem Energieausweis bekannt geben.
Das LG Gießen begründet die Klageabweisung mit dem Argument, dass § 16a Abs. 1 EnEV nur den Verkäufer verpflichte, die Pflichtangaben in die Werbung aufzunehmen. § 16a Abs. 2 EnEV erstrecke diese Verpflichtung auf Vermieter, Verpächter und Leasinggeber, aber gerade nicht auf Makler. Eine Ausdehnung der Vorschrift auf diese Personengruppe im Wege einer analogen Anwendung komme nicht in Betracht. Es fehle an einer Regelungslücke in § 16a EnEV, denn der Gesetzgeber hätte die Regelung auch für Makler angeordnet, wenn er diese Anbieter ebenfalls hätte verpflichten wollen. Da Verstöße gegen die Angabepflicht ordnungsgeldbewehrt seien, obliege es dem Gesetzgeber, den Kreis der Verpflichteten festzulegen.
Dieses Ergebnis sieht das LG Gießen auch im Einklang mit europarechtlichen Vorgaben. Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden lege nicht fest, wen die Verpflichtung zur Angabe der Pflichthinweise aus dem Energieausweis treffen solle. Daraus leitet das Gericht einen Spielraum des nationalen Gesetzgebers ab, den Kreis der Verpflichteten selbst zu bestimmen.
Die Wettbewerbszentrale sieht in dieser Entscheidung gegenwärtig allerdings keinen Freibrief für Makler, die Pflichtangaben aus dem Energieausweis in der Immobilienwerbung zu vernachlässigen, sondern rät zur Vorsicht: Zwar benennt Art. 12 Abs. 4 der EU-Richtlinie 2010/31/EU die Verpflichteten nicht konkret. Nach dieser Bestimmung haben die EU-Mitgliedsstaaten aber sicherzustellen, „dass bei Verkauf oder Vermietung … in den Verkaufs- oder Vermietungsanzeigen in den kommerziellen Medien“ die Pflichtangaben enthalten sind. Wer die Anzeige veröffentlicht, ist unerheblich. Die Vorschrift stellt unabhängig von der Person des Anbieters allein auf den Inhalt der Anzeige ab. Damit trifft die Verpflichtung auch Makler, die Immobilien anbieten.
Es bleibt außerdem abzuwarten, ob die Entscheidung rechtskräftig wird oder ob der Kläger im dortigen Verfahren Berufung einlegen wird.
Weiterführende Informationen:
Kontakt:
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs
Frankfurt am Main e.V.
Büro Berlin
Dr. Wolfgang Nippe
Danckelmannstraße 9
14059 Berlin
Telefon: 030 – 3265656
Telefax: 030 – 3265655
E-Mail: berlin@wettbewerbszentrale.de
wn
Weitere aktuelle Nachrichten
-
Wettbewerbszentrale setzt Werbekennzeichnung im Influencer-Marketing durch
-
OLG Hamm: Unternehmen haftet für Fehler in Google Shopping-Anzeige
-
BMJ veröffentlicht Diskussionsentwurf zur Umsetzung der EmpCo-Richtlinie – Werbung mit Green Claims wird reguliert
-
Wettbewerbszentrale beanstandet Verlängerung einer zeitlich begrenzten Rabattaktion eines Online-Möbelhändlers als wettbewerbswidrig
-
BGH schafft Klarheit: Verkauf von Dekoartikeln durch Gartencenter an Sonntagen ist zulässig