Am 14.11.2024 lud die Wettbewerbszentrale zur Nachhaltigkeits-Konferenz. Im fast vollbesetzten Saal des Maritim Hotels in Frankfurt diskutierten die Teilnehmenden verschiedene Aspekte der Umweltwerbung mit Blick auf das Lauterkeitsrecht.
Gleich zu Beginn zeigte sich: Die Ziele der EU sind hochgesteckt. Das Lauterkeitsrecht soll dazu beitragen, die Umstellung auf ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell zu forcieren. Ein Baustein dafür ist die Green Claims Richtlinie, welche derzeit im Gesetzgebungsverfahren steckt. Die Richtlinie enthält umstrittene Aspekte, namentlich sollen bestimmte Nachhaltigkeitsaussagen vorab zertifiziert werden. Entsprechend diskussionsfreudig waren die Teilnehmenden im Anschluss an den ersten Vortrag von Eva Funcken von der EU-Kommission.
Kritik an Vorabzertifizierung von Umweltaussagen
Kritik an dieser geplanten ex-Ante Zertifizierung lieferte auch MMag. Ummenberger-Zierler aus dem österreichischen Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. Sie sah die Interessen von kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Richtlinie nur unzureichend berücksichtigt. Doch auch aus Perspektive eines großen Konzerns gibt es Bedenken an der Richtlinie. Dr. Zenker, Deutsche Bahn AG, sieht Unternehmen vor der Wahl, ihre Kundschaft mit Informationen zu überfrachten oder gar nicht mehr über Nachhaltigkeit zu informieren (sog. Green Hushing).
Die unterschiedlichen Phasen europäischer Rechtsentwicklungen zeichnete Prof. Dr. Sosnitza, Universität Würzburg, nach. Er ordnet die Green Claims Richtlinie als Beispiel für zunehmend strengeres europäisches Sekundärrecht ein. Entscheidend sei, Balance zu halten zwischen Wahrheitsanspruch und Bürokratie, zwischen Verbraucherschutz und Freiheit.
Zahlreiche offene Fragen
Mit zahlreichen Beispielen illustrierte Dr. Göckler, Richter am Landgericht, offene Rechtsfragen und Unklarheiten in kommenden Rechtsnormen der neuen UGP-Richtlinie Nachhaltigkeit. Noch sei unklar, ob einzelne Tatbestände einen echten Vorteil für den Wettbewerb liefern würden oder praktisch vollkommen leerlaufen.
Nachhaltigkeit sprach Herr Sailer, Metzler Asset Management, im Finanzsektor eine zentrale Rolle zu. Ein hohes ESG-Rating habe messbar positive Auswirkungen auf Aktienkurse und Fremdkapitalfinanzierung. Herr Forst lieferte einen Überblick über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Dessen Erfüllung lasse sich zwar nicht voll automatisieren, aber das Gesetz biete gewisse Flexibilität. Gerade der direkte Austausch mit Zulieferern sei bei der Einhaltung empfehlenswert.
Nachhaltigkeit als Innovationsmotor
Herr Wiedmam, Deutsches Institut für Compliance (DICO), richtete den Blick auf die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und deren Auswirkung auf das deutsche LkSG. Im Ergebnis seien die dortigen Sorgfaltspflichten den bestehenden Pflichten des LkSG relativ ähnlich.
Dr. Kölle, Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU), warb für Nachhaltigkeitsbestrebungen in den Unternehmen, denn daraus folgten zahlreiche Vorteile. Die Erfüllung von Regulatorik sei dabei nur ein Nebenaspekt, solche Bestrebungen seien Innovationsmotoren und im Erfolgsfall echte Spaßfaktoren.
Die vielen interessierten und kritischen Nachfragen der Teilnehmenden unterstreichen den großen Diskussions- und Klärungsbedarf. Auch in den kommenden Jahren werden Nachhaltigkeitsthemen wichtig bleiben. Um die juristische Diskussion weiter zu voranzutreiben und zu begleiten, wird die Wettbewerbszentrale auch im kommenden Jahr eine entsprechende Konferenz veranstalten. Geplanter Termin ist 04.11.2025.
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Nachhaltigkeit >>
kok
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