Zum 01.07.2021 tritt das Gesetz über die Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds und zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften in Kraft („Reisesicherungsfondsgesetz“) und reformiert die Insolvenzsicherung im Pauschalreiserecht. In Abkehr von der bisherigen Versicherungs-/Bankbürgschaftslösung erfolgt die Insolvenzabsicherung bei Pauschalreisen künftig über einen sog. Reisesicherungsfonds.
Neuregelung der Insolvenzabsicherung im Pauschalreiserecht
Ein Reiseveranstalter ist gesetzlich zur Insolvenzsicherung verpflichtet, wenn er Vorauszahlungen auf den Reisepreis fordert oder annimmt und/oder der Pauschalreisevertrag die Rückbeförderung des Reisenden umfasst. Bislang erfolgte für den Fall einer Insolvenz des Reiseveranstalters die Absicherung für kundenseitig erhaltene Vorauszahlungen sowie den vertraglich zugesagten Rücktransport der Reisenden durch Versicherungen oder Bankbürgschaften/-garantien. Die Haftung eines Kundengeldabsicherers konnte dabei für die in einem Geschäftsjahr insgesamt zu erstattenden Beträge auf 110 Millionen Euro pro Jahr begrenzt werden.
Die Insolvenzsicherung bei Pauschalreisen wird nunmehr über einen Reisesicherungsfonds erfolgen, wobei ausnahmsweise für kleine Unternehmen mit einem jährlichen Pauschalreiseumsatz unter 10 Millionen Euro die Absicherung wie vorbeschrieben zulässig bleibt. Alle anderen, gesetzlich zur Insolvenzsicherung verpflichteten Reiseveranstalter müssen fortan einen Absicherungsvertrag mit dem Reisesicherungsfonds abschließen. Der Abschluss darf indes von einer veranstalterseitigen Sicherheitsleistung in Form einer Versicherung oder Bankgarantie zugunsten des Fonds abhängig gemacht werden.
Der Reisesicherungsfonds gewährleistet gegenüber Reisenden die Erfüllung der Pflichten des Reiseveranstalters zur Erstattung der Vorauszahlungen und zum Rücktransport der Reisenden.
Eine wesentliche Neuerung im Insolvenzsicherungsregime ist der Wegfall der Möglichkeit der Kundengeldabsicherer, ihre Haftung auf 110 Millionen Euro zu begrenzen. Diese bislang bestehende Haftungsbegrenzungsmöglichkeit wurde jahrelang kontrovers diskutiert und die hierzu aufgezeigten Risiken realisierten sich schließlich im Zuge der Insolvenzen der Thomas Cook Konzernunternehmen.
Fortan haftet der Reisesicherungsfonds mit dem gesamten Fondsvermögen. Versicherer und Kreditinstitute, die als Kundengeldabsicherer kleinerer Reiseanbieter tätig werden, haften unbegrenzt. Nur bei Kleinstunternehmen mit absicherungspflichtigen Umsätzen unter 3 Millionen Euro dürfen sie ihre Haftung auf bis zu 1 Million Euro für jeden Insolvenzfall begrenzen.
Die Neuregelungen gelten gleichermaßen für Vermittler verbundener Reiseleistungen und sollen nach einer Übergangsphase für Reisebuchungen ab 01.11.2021 verpflichtend sein.
Reisesicherungsfonds
Das Fondsvermögen muss die Insolvenz des umsatzstärksten Reiseanbieters sowie eines weiteren Reiseanbieters mittlerer Umsatzgröße abdecken, wobei stets mindestens 15% des Gesamtmarktes abgedeckt sein müssen. Insgesamt soll der Fonds bis zum 31.10.2027 über ein Zielkapital in Höhe von 750 Millionen Euro verfügen, das im Wesentlichen aus Entgeltleistungen der Reiseanbieter aufgebaut werden soll.
Die Erlaubnis für den Betrieb des Reisesicherungsfonds sowie die Aufsicht über diesen wird das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz übernehmen. Die Aufnahme des Geschäftsbetriebs soll dann spätestens zum 01.11.2021 erfolgen. Das Ministerium kann die Aufsicht über den Reisesicherungsfonds auf das Bundesamt für Justiz übertragen.
Zur Erfüllung seiner Aufgaben – Aufbau und Erhalt von Kapital, Abschluss von Absicherungsverträgen und Abwicklung möglicher Schäden – schreibt das Reisesicherungsfondsgesetz dem Reisesicherungsfonds eine entsprechende Geschäftsorganisation vor. Eine Rechtsverordnung soll Einzelheiten zur Geschäftsorganisation des Reisesicherungsfonds, zur Erlaubniserteilung und zu Aufgaben und Befugnissen der Aufsichtsbehörde regeln.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die pauschalreiserechtlichen Vorschriften des BGB nebst korrespondierender Informationspflichten des EGBGB Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 3a UWG darstellen, hat die Wettbewerbszentrale in der Vergangenheit wiederholt Fragen zur Insolvenzabsicherung im Pauschalreiserecht unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten geklärt und ihre Mitglieder diesbezüglich beraten.
Weiterführende Informationen
News vom 26.02.2013: Werbung mit Reisepreisabsicherung >>
News vom 17.02.2012: Reisepreisabsicherung bei Reiseveranstaltung durch Segelschulen >>
pma
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