Bei der Wettbewerbszentrale gehen trotz eindeutiger Rechtslage nach wie vor Beschwerden gegen Kfz-Sachverständige und Werkstätten wegen unlauterer Akquisemethoden ein.
Besonderes häufig ist dies im Bereich der Abwicklung von Kraftfahrzeugschäden. Hier versucht die Versicherungswirtschaft den ersten Zugriff auf den Geschädigten, um mit eigenen Sachverständigen und Partnerwerkstätten zum Zuge zu kommen. Gepaart mit dem Angebot, einen Mietwagen zur Verfügung zu stellen, Hol- und Bringdienste zu leisten und anderen Annehmlichkeiten, verliert der versicherungsunabhängige Sachverständige und die „nicht partnergebundene Werkstatt“ so manchen Auftrag.
Diesem Wettbewerb widersetzen sich einige Marktteilnehmer mit unlauteren Methoden derart, dass sie „Provisionen“ unterschiedlichster Art für die Vermittlung von Gutachtenaufträgen anbieten. Sei es, dass Zahlungen oder Rückvergütungen angeboten werden, oder die Teilnahme an einem Gewinnspiel in Aussicht gestellt wird. Eine solche „Provision“ wird für den Fall versprochen, dass der Meister oder Inhaber des Autohauses Kunden dazu bewegt, für die Erstellung eines Gutachtens den betreffenden Sachverständigen zu beauftragen. Dabei wird dem Fahrzeuginhaber jedoch nicht mitgeteilt, dass für die Vermittlung eine „Provision“ bezahlt oder andere Vorteile gewährt werden. Der Kunde versteht die Empfehlung des Meisters als uneigennützig und objektiv. Dieser Eindruck wird nicht selten noch dadurch verstärkt, dass der Fachmann der Werkstatt auf die gute Arbeit des Sachverständigen werbend hinweist. Der Kunde ist ahnungslos und nimmt den Service gerne in Anspruch, braucht er sich nicht selbst um einen Sachverständigen zu bemühen: Gutachten und Reparatur quasi aus einer Hand. Eigentlich eine sinnvolle Sache, würde dadurch nicht der Leistungswettbewerb unter den Sachverständigen und Werkstätten massiv beeinträchtigt.
Unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, sind unzulässig (§ 3 Abs. 1 UWG). Nach 4 Nr. 1 UWG handelt unter anderem unlauter, wer Wettbewerbshandlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen. Die Fälle der Provisionszahlungen und anderer Anreize stellen eine unangemessen unsachliche Einflussnahme dar. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 02.07.2009, Az. I ZR 147/06, in einem Fall entschieden, in dem unter anderem Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern für die Vermittlung einer vom beklagten Unternehmen angebotenen Vorratsgesellschaft die Teilnahme an einem Gewinnspiel angeboten wurde, bei dem ein Smart-Cabrio zu gewinnen war. Es bestehe nämlich die Gefahr, dass die so umworbenen Vermittler die gebotene kritische Prüfung des Produkts vernachlässigen und ihre Mandanten unsachlich beraten, um in den Genuss des in Aussicht gestellten Gewinns zu kommen. Der BGH hat seine strenge Haltung im Hinblick auf Dreieckskonstellationen deutlich gemacht, in denen der Werbende solchen Personen Vergünstigungen verspricht, die die Interessen Dritter wahrzunehmen haben. Diese Entscheidung gilt auch für Sachverständige und Werkstätten, zumal es eine Vielzahl von Entscheidungen zu diesen Berufsgruppen gibt, in denen „Provisionszahlungen“, „Kooperationsangebote“, „Kostenrückerstattungsmodelle“ und ähnliche Konstrukte untersagt wurden. Ganz aktuell wurden eine Vielzahl von Autohäusern zwecks Teilnahme an einem Gewinnspiel „Spanferkel mit Beilagen und Bier“ angeschrieben. Die Teilnahme konnte dann erfolgen, wenn Gutachten vermittelt wurden. Auf die Beanstandung der Wettbewerbszentrale hin wurde in diesem Fall eine Unterlassungserklärung abgegeben.
Aber nicht nur die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb finden Anwendung. Neben diesen sind auch strafrechtliche Regelungen von Bedeutung. Das Schmieren im Wettbewerb ist unter Strafe gestellt. Gemäß § 299 Abs. 2 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er ihn oder einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzuge.
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