§ 1 Abs. 1 Satz 1 Preisangabenverordnung postuliert gegenüber Letztverbrauchern eine Verpflichtung zur Angabe der Endpreise, insbesondere der Preise, in die die Mehrwertsteuer mit eingerechnet ist. Unter den Begriff der „Letztverbraucher“ fallen Verbraucher, aber auch sogenannte gewerbliche Eigenverbraucher. Gemeint sind Gewerbetreibende und Freiberufler, die eine erworbene Ware nicht weiter veräußern, sondern im eigenen Betrieb benutzen, beispielsweise Büromöbel oder Berufsbekleidung. Ob diesem Kundenkreis gegenüber Bruttopreise (Preise inklusive Mehrwertsteuer) angegeben werden müssen oder die Bezeichnung der Nettopreise ausreicht, war vor geraumer Zeit Gegenstand einer Reihe von Prozessen, die als „Metro“-Prozesse bekannt sind. Die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung mündet in der aktuellen Fassung des § 9 Abs. 1 Ziff. 1 Preisangabenverordnung, die eine Ausnahme für den geschäftlichen Verkehr mit gewerblichen Eigenverbrauchern enthält. In § 9 Abs. 1 Ziff. 1 zweiter Halbsatz, findet sich eine Regelung für den Handel, die wörtlich wie folgt lautet:
„Für Handelsbetriebe gilt dies nur, wenn sie sicherstellen, dass als Letztverbraucher ausschließlich die in Halbsatz 1 genannten Personen Zutritt haben, und wenn sie durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass diese Personen nur die in ihrer jeweiligen Tätigkeit verwendbaren Waren kaufen“
Zum Zeitpunkt der Verordnungsfassung war das Internet noch nicht so verbreitet wie heute. Zu beobachten ist, dass dort eine Reihe von Onlinehändlern als Großhändler auftreten. Zwei Varianten waren Gegenstand zweier Gerichtsverfahren der Wettbewerbszentrale.
Im ersten Fall hatte ein Anbieter von Berufsbekleidung die angebotene Ware doppelt mit Preisen ausgezeichnet und zwar in der Form, dass zunächst lediglich ein roter Preis „zzgl. MwSt.“ genannt wurde. Erst in einer späteren Beschreibung wurde neben dem Nettopreis zusätzlich der Bruttopreis genannt, wobei der Nettopreis hervorgehoben war. Die Angabe lediglich des Nettopreises verstößt gegen § 1 Abs. 1 Preisangabenverordnung. Eine Ausnahme nach § 9 Abs. 1 Ziff. 1 Preisangabenverordnung kam nicht in Betracht, da sich der Beklagte sowohl an Verbraucher als auch an Gewerbetreibende gewandt hatte. Zwar ist eine Doppelpreisauszeichnung grundsätzlich möglich, der Bruttopreis muss nach § 1 Abs. 6 Satz 3 Preisangabenverordnung jedoch hervorgehoben werden sein.
Das LG Dortmund (Az 16 O 136/11) teilte die Auffassung der Wettbewerbszentrale, worauf auf Vorschlag des Gerichts ein Vergleich geschlossen wurde, in dem der Beklagte sich verpflichtet, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Internet mit Letztverbrauchern, für angebotene Artikel die Endpreise im Sinn der Preisangabenverordnung nicht deutlich hervorgehoben anzugeben.
Im zweiten Fall hatte ein Anbieter von Berufsbekleidung im Internet seine Ware angeboten und lediglich mit Nettopreisen, also Preise ohne Mehrwertsteuer geworben. Dabei finden sich die Hinweise „Keine Lieferung an Endverbraucher“ sowie in der Fußzeile „unsere Berufsbekleidung Damen- u. Herrenangebot gilt ausdrücklich für gewerblich, behördlich oder sonstwie selbstständige Tätige oder Vereine“. Eingangs der AGB findet sich wiederum ein vergleichbarer Hinweis sowie ein „Ja“-Button, unterlegt mit folgendem Text:
„Ich/wir haben die AGB gelesen und akzeptiert. Die Bestellung ist für den Bedarf von Firmen, Behörden, Institutionen oder Vereinen“.
Im Rahmen einer Testbestellung eines Verbrauchers wurde allerdings der bestellte Artikel anstandslos geliefert. Nach Ansicht der Wettbewerbszentrale ist damit dokumentiert worden, dass ausreichende Kontrollmaßnahmen im Sinn des § 9 Abs. 1 Ziff. 1 zweiter Halbsatz nicht existiert haben. Danach hätte Verbrauchern der „Zutritt“ verwehrt werden müssen.
Das LG Stuttgart (Az 20 O 513/11) hatte in der mündlichen Verhandlung auf die Schwierigkeit der Durchführung von Kontrollen hingewiesen, weil der Beklagte praktisch eine Kontrolle nur dann ausüben könne, wenn der Besteller Angaben macht, die auffällig sind, wenn z. B. ein Besteller unter Branche „Privat“ eingibt oder wenn eine Arzthelferin nicht als „Arztpraxis“ sondern als „Arzthelferin“ bestellt. Das Gericht könne sich allerdings nicht vorstellen, wie der Beklagte kontrollieren kann, wenn beispielsweise die vorgenannte Arzthelferin unter „Arztpraxis“ zwei Arztkittel für sich selbst bestellt. Es erscheine auch nicht lebensfremd, anzunehmen, dass die Arzthelferin als Lieferanschrift die Praxis angibt, denn dort sei üblicherweise jemand anwesend, um Pakete anzunehmen. Das vom Beklagten vorgetragene Kontrollsystem könne also nur greifen, wenn die Angaben der Kundin in irgendeiner Weise verdächtig oder nicht stimmig sind.
Das Gericht hat eine gütliche Einigung angeregt. Daraufhin hat die Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben, wobei die Wettbewerbszentrale eine Umstellungsfrist eingeräumt hat.
(S 1 0587/11 und S 1 0131/11)
fp
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