Die erstmalige Kontaktaufnahme per Telefax durch ein Marktforschungsunternehmen ist wettbewerbswidrig, wenn es nicht ausschließlich um eine wissenschaftliche Untersuchung geht und das Marktforschungsunternehmen hierdurch zumindest auch mittelbar fremden Wettbewerb fördert.
Der Fall
Ein Marktforschungsunternehmen übersandte einem Arzt ein Telefax. Darin kündigte es die Umfrage über eine bestimmte Krankheit („Morbus Bechterew“) an. Die Befragung wurde im Auftrag des pharmazeutischen Herstellers Wyeth durchgeführt. Der Arzt fühlte sich durch dieses Telefax belästigt und hielt es für eine unzulässige Werbung. Das Marktforschungsunternehmen war der Auffassung, dass es um eine wissenschaftliche Untersuchung gegangen sei, die die medizinische Entwicklung fördern und im öffentlichen Interesse gelegen habe, weswegen das Telefax keine Werbemaßnahme darstelle.
Gründe
Nach Auffassung des Gerichts ging es bei der Umfrage in erster Linie darum, wie und auf welche Weise Wyeth seine Produkte besser im Markt platzieren kann. Schon auf der Homepage wirbt das Marktforschungsunternehmen nämlich mit der Angabe:
„Wir helfen Unternehmen, ihre Kunden und Märkte noch besser zu verstehen, und liefern wertvolle Informationen als Grundlage für strategisch und operative Unternehmensentscheidungen…..
Im Bereich Consumer Research verquicken wir qualitative und quantitative Instrumente zu Mess-Systemen, um so bestmögliche Einblicke in die bewussten und unbewussten Motive, Emotionen und Haltung der Kunden zu gewinnen.“
Das Marktforschungsunternehmen hat dann im Prozess auch eingeräumt, dass durch die Umfrage bei den Ärzten dem Hersteller Wyeth Datenmaterial verschafft werden sollte, das für gezielte Informationsmaßnahmen gegenüber Ärzten, den Vertrieb und letztlich die Förderung des Absatzes des Produktes „Enbrel“ von Wyeth hilfreich sei.
Danach war die mit dem Telefax angekündigte Umfrage durch das Marktforschungsunternehmen nach Auffassung der Richter zumindest auch auf die mittelbare Förderung fremden Wettbewerbs gerichtet, so dass letztlich eine unzulässige Telefaxwerbung gemäß § 7 UWG vorlag.
Quelle: Urteil des OLG Oldenburg vom 24.11.2005, Az: 1 U 49/05
Weiterführende Links zu diesem Thema
Das Amtgericht Hamburg hat einen Telefonanruf zu Marktforschungszwecken als zulässig angsehen:
Mitteilung der WBZ: „AG Hamburg: Telefonanruf zu Marktforschungszwecken zulässig – 24.11.2005“
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