Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreuzfahrtanbietern, die eine vollständige Restzahlung des Reisepreises bereits 48 Tage vor Reisebeginn verlangen, benachteiligen Verbraucher unangemessen und sind deshalb unwirksam. Das hat das OLG Hamburg mit Urteil vom 10.04.2025 (Az. 5 UKl 8/24) entschieden. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale gegen eine Reiseveranstalterin, die zur Unterlassung dieser Klauseln verurteilt wurde.
AGB: Vorauszahlung bis 48 Tage vor Reiseantritt
Die Reiseveranstalterin bot auf ihrer Webseite sowie in einem Katalog Kreuzfahrten an. Für diese Kreuzfahrtreisen verwendete sie Klauseln, wonach ihre Kunden zunächst 20 % des Reisepreises anzahlen mussten. Die verbleibenden 80 % sollten spätestens 48 Tage vor dem vorgesehenen Reiseantritt gezahlt werden.
Die Wettbewerbszentrale beanstandete die Verwendung dieser Klauseln als Verstoß gegen § 1 UKlaG i. V. m. § 307 Abs. 1 BGB und bezog sich zur Begründung auf eine Entscheidung des BGH zu Vorauszahlungsklauseln eines Reiseveranstalters (Urteil v. 09.12.2014 Az. X ZR 85/12). Hiernach benachteiligt die Verwendung von AGB, wonach der gesamte restliche Reisepreis früher als 30 Tage vor Reiseantritt zu entrichten ist, den Reisenden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Der BGH betont in seiner Entscheidung, dass die Begleichung des vollen Reisepreises eine gewisse Zeit vor dem Reiseantritt einem Reiseveranstalter die Möglichkeit geben soll, bei einer ausbleibenden Zahlung vom Vertrag zurücktreten und die Reise anderweitig verwerten zu können. Dafür seien im Normalfall 30 Tage ausreichend. Eine weitere Vorverlagerung der Fälligkeit des vollen Reisepreises sei nicht zu rechtfertigen.
Die Reiseveranstalterin hatte hier eingewendet, dass es sich bei Kreuzfahrtreisen aufgrund besonders hoher Vorhaltekosten, um einen von der BGH-Entscheidung abweichenden Sachverhalt handle. Aufgrund der festen Termine und feststehenden Reiseroute sowie der hohen Kosten einer Kreuzfahrtreise sei auch die Weitervermittlung einer freigewordenen Kabine im Falle einer Stornierung kurzfristig schwieriger. Zudem erfordere die organisatorische Abwicklung einer Kreuzfahrt die frühzeitige Zurverfügungstellung der Reisedokumente. Ein möglicher Zahlungsverzug des Reisenden mache gleichermaßen eine frühe Vorauszahlung erforderlich.
Entscheidung des OLG Hamburg
Das nach § 6 Abs. 1 Satz 3 UKlaG erstinstanzlich entscheidende OLG Hamburg bestätigte die Auffassung der Wettbewerbszentrale unter Heranziehung der Grundsätze der vorbenannten BGH-Entscheidung.
In Ermangelung spezieller Regelungen über die Fälligkeit des Reisepreises bestehe keine Vorleistungspflicht des Reisenden. Die streitgegenständlichen Klauseln seien nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da sie den Reisenden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligten. Zwar könne eine Vorleistungspflicht in AGB wirksam vereinbart werden, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, der auch bei Abwägung mit den hierdurch für den Vertragspartner entstehenden Nachteilen Bestand hat. Die Anbieterin der Kreuzfahrten konnte jedoch nicht aufzeigen, dass ein Zeitraum von 30 Tagen typischerweise oder jedenfalls in einer praktisch erheblichen Vielzahl von Fällen nicht ausreichte.
Das OLG Hamburg stellte fest, dass eine Kreuzfahrt denselben Regelungen unterliege wie jede andere Pauschalreise. In Ermangelung eines Unterschiedes habe die Anbieterin der Kreuzfahrten wie andere Reiseveranstalter das unternehmerische Risiko zu tragen und könne dieses nicht durch unangemessene Vorauszahlungsbedingungen auf Verbraucher abwälzen. Entgegen der eigenen Behauptung habe sie auch keine hohen Vorhaltekosten. Sie nehme ausweislich ihres eigenen Vortrages die Zahlungen an ihre Leistungsträger erst vor, wenn die Kunden den Restpreis gezahlt haben. Soweit die Veranstalterin der Kreuzfahrten hier auf organisatorische Erfordernisse verweist, vermöge dies die Vorverlegung des Zeitpunkts der Restzahlung nicht zu rechtfertigen. Organisatorische Vorkehrungen zur Verbesserung des Reiseabwicklung fielen in ihre eigene Sphäre. Schließlich sei eine kurzfristige Vermarktung von Restplätzen auch bei Kreuzfahrten möglich, wie die Veranstalterin selbst einräumt. Ein möglicher Zahlungsverzug des Reisenden rechtfertige die weitere generelle Vorverlagerung der Fälligkeit des gesamten Reisepreises nicht, da lediglich in Ausnahmefällen Unzuträglichkeiten entstünden. Die Revision gegen die Entscheidung hat das OLG Hamburg nicht zugelassen.
Weiterführende Informationen
BGH, Urteil v. 09.12.2014 Az. X ZR 85/12 >>
pm
Weitere aktuelle Nachrichten
-
LG Amberg: Werbung mit moosverdrängender Wirkung eines Rasendüngers irreführend
-
LG Berlin II untersagt irreführende Werbung von Stromanbieter
-
Wettbewerbszentrale beanstandet von Plattform eingestellte, unzutreffende Profilinhalte
-
Wettbewerbszentrale beanstandet mehrere Angebote von Dubai-Schokolade
-
Wettbewerbszentrale beanstandet Irreführung mit Risikoaussagen bei offenen Immobilienfonds