Das Landgericht Bremen hatte in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale Anfang des Jahres entschieden, dass eine Betriebskrankenkasse mit einem „hälftigen“ Zusatzbeitrag werben darf und die Klage abgewiesen (LG Bremen, Urteil vom 22.01.2020, Az. 12 O 78/19, nicht rechtskräftig). Gegen das Urteil hatte die Wettbewerbszentrale Berufung eingelegt. Mit Hinweisbeschluss vom 12.06.2020 (Az. 5 U 15/20) teilte das OLG Bremen mit, dass es beabsichtige, die erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen. Die Wettbewerbszentrale hat daraufhin die Berufung zurück genommen.
Zusatzbeitrag für Arbeitnehmer?
Die Krankenkasse hatte auf ihrer Homepage mit der Werbeaussage geworben:
„2019: Zusatzbeitrag ab 0,22%*“
Auf einer Unterseite wurde dann erläutert, wie sich der Beitragssatz bestimmt.
Auf einer weiteren Seite wurde blickfangmäßig mit dem Hinweis geworben
„Nur 0,22%*“
Dem daneben abgebildeten jungen Mann wurde eine Sprechblase mit dem Text
„Zusatzbeitrag für Arbeitnehmer/innen*“
zugeordnet. Das „Sternchen“ wurde wie folgt erläutert:
„Bei Mitgliedern, deren Zusatzbeitrag zur Hälfte durch Andere getragen wird, beträgt der Anteil am ab 2019 nur 0,22 %. Für andere Personenkreise gilt ab 2019 ein Zusatzbeitrag von 0,44% bzw. der gesetzlich festgelegte durchschnittliche Zusatzbeitrag.“
Zum Hintergrund
Der allgemeine Beitragssatz der Krankenkassen liegt bei 14,6 %. Davon tragen Arbeitnehmer und Arbeitgeber je die Hälfte. Krankenkassen können darüber hinaus einen Zusatzbeitrag erheben, wenn das ihnen zugewiesene Geld zur Deckung ihrer Ausgaben nicht ausreicht. Nur in diesem Bereich findet Wettbewerb statt, denn kein oder ein niedriger Zusatzbeitrag ist ein schlagkräftiges Werbeargument, zumal Versicherte bis Ende 2018 den Zusatzbeitrag allein zahlen mussten. Seit Anfang 2019 wird auch der Zusatzbeitrag zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern geleistet.
Ausreichende Erläuterung
Die Wettbewerbszentrale hatte argumentiert, die Werbung sei irreführend. Der Verbraucher sei einheitliche Zusatzbeiträge gewohnt und werde irrtümlich glauben, es handele sich um einen Zusatzbeitrag von insgesamt 0, 22%. Die Erläuterung sei nicht ausreichend. So stelle zum Beispiel der GKV-Spitzenverband eine Liste mit allen Krankenkassen zur Verfügung, in der die Zusatzbeiträge aufgeführt sind. Auch der Sozialgesetzgeber kenne nur einen einheitlichen Begriff des Zusatzbeitrages. Die künstliche Aufspaltung des Betrages in einem vom Arbeitnehmer und einen vom Arbeitgeber zu zahlenden Anteil stelle eine „Schönung“ des Beitrages dar, um sich im Wettbewerb und Vergleich mit anderen Krankenkassen als günstiger darzustellen.
Das bewertete das OLG anders. Es erwartet vom Verbraucher, die Modalitäten des Zusatzbeitrages zu erkennen: Stünde die Werbeangabe „0,22%“ alleine, so könne sie irreführend erscheinen und dem Verbraucher suggerieren, es handele sich um den vollständigen Zusatzbeitrag. Das Gericht weist in seinem Beschluss aber darauf hin, dass die Gefahr einer Irreführung schon durch den Zusatz „für Arbeitnehmer/-innen“ relativiert werde. Bereits daran müsse der informierte Verbraucher erkennen, dass es sich nur um den Anteil handele, den er, nicht der Arbeitgeber, zahlen müsse, folgert das Gericht.
F 40019/19
ck
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