Mit Urteil vom 13. September 2001 – C-169/99 – hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass auf die obligatorischen Warnhinweise auf der Verpackung kosmetischer Mittel nicht aus Gründen einer größeren Flexibilität beim Vertrieb der Waren verzichtet werden darf.
Hintergrund dieser Entscheidung ist ein beim Bundesgerichtshof anhängiger Rechtsstreit zwischen der Wettbewerbszentrale und dem Hersteller kosmetischer Erzeugnisse. Dieser vertreibt eine Haarfärbemittelserie ausschließlich für Friseure und sonstige gewerbliche Anwender. Die Färbemittel enthalten chemische Substanzen, für welche nach der Kosmetikverordnung nach ihrem Wortlaut festgelegte Warnhinweise erforderlich sind. Das Unternehmen druckt diese Hinweise mit ihrem vollständigen Inhalt nur auf der Verpackungsbeilage ab.
Auf dem Verpackungskarton und der als Behältnis verwendeten Tube befindet sich lediglich in 9 Sprachen (deutsch, französisch, niederländisch, englisch, spanisch, schwedisch, italienisch, portugiesisch und arabisch) der Kurzhinweis: „Nur für gewerbliche Verwendung. Achtung: Gebrauchsanweisung und Warnhinweise beachten“.
Die Wettbewerbszentrale hatte den Vertrieb der Haarfärbemittel wegen der fehlenden ausführlichen Warnhinweise auf der Verpackung und dem Behältnis beanstandet. Das Herstellerunternehmen wendete dagegen ein, nach der deutschen Kosmetikverordnung könne auf den vollen Wortlaut der Warnhinweise auf dem Behältnis wie auf der Verpackung „aus praktischen Gründen“ verzichtet werden. Derartige „praktische Gründe“ lägen hier vor, da die Firma eine einheitliche Aufmachung der Produktserie angestrebt habe, um so den Vertrieb der Produkte in der gesamten Europäischen Gemeinschaft zu ermöglichen und der zunehmenden Internationalisierung des Handels sowie der sich verstärkenden Warenvielfalt in den Mitgliedsstaaten Rechnung zu tragen. Aus praktischen Gründen sei daher auf der Verpackung wie auf dem Behältnis kein Platz für den vollständigen Wortlaut der Warnhinweise gegeben.
Nachdem das Oberlandesgericht Düsseldorf dem Verbotsantrag der Wettbewerbszentrale stattgegeben hat, hat der Bundesgerichtshof im nunmehr anhängigen Revisionsverfahren den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung über die Frage angerufen, ob es nach der Kosmetik-Richtlinie erlaubt ist, „aus praktischen Gründen“ von der Angabe der vollständigen Warnhinweise auf Verpackung und Behältnis abzusehen und dort lediglich einen Kurzhinweis anzubringen, wenn das Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen und zur Erleichterung der Verkehrsfähigkeit innerhalb der Gemeinschaft eine einheitliche Verpackungsaufmachung in 9 Sprachen verschiedener Abnehmerstaaten (davon 8 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union) wählt.
Durch das jetzt vorliegende Urteil hat der Europäische Gerichtshof die Auffassung der Wettbewerbszentrale bestätigt, dass auf die vollständigen Warnhinweise nicht allein wegen Platzmangels aufgrund der Produktaufmachung in 9 Sprachen verzichtet werden kann. Der Gerichtshof führt aus, dass die nicht übermäßige Erschwernis des Vertriebs durch den Schutz der Volksgesundheit als ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel gerechtfertigt ist.
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