Die Bekämpfung der Schwerhörigkeit rückt aufgrund der demografischen Entwicklung und der damit einhergehenden steigenden Anzahl von Menschen mit höherem Lebensalter immer stärker in den Blickpunkt der Gesundheitswerbung. Um sich von dem traditionellen Ansatz der Bekämpfung von Schwerhörigkeit durch Versorgung mit Hörgeräten abzugrenzen, warb ein Hörgeräteakustiker mit den Schlüsselbegriffen „Therapeutische Hörakustik“ bzw. der Anpreisung einer näher bezeichneten „Gehörtherapie“ mit der These, diese Maßnahmen seien geeignet, Nervenverbindungen zum Gehirn reaktivieren zu können und dadurch das Sprachverstehen erheblich zu verbessern. Bewirkt werden sollte dieser positive Effekt durch ein festgelegtes Trainingsprogramm. Das Publikum wurde also mit einer attraktiv anmutenden Perspektive angelockt, die die Entbehrlichkeit der Anschaffung kostspieliger Hörgeräte in den Focus nahm.
Nach einer längeren gerichtlichen Auseinandersetzung nach erfolgloser Abmahnung durch die Wettbewerbszentrale, bewertete das Oberlandesgericht Karlsruhe in seinem Urteil vom 12.04.2011, Az. 4 U 18/10 das Zusammenwirken von Schlagwörtern wie „Therapeutische Hörakustik“ und „Terzo-Gehörtherapie“ in Verbindung mit den oben bereits angesprochenen stützenden Aussagen dahingehend, dass der Leser einen Erfolg der Behandlung als sicher unterstellt. Dann aber müssen in einer auf die Gesundheit Bezug nehmenden Werbung besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen gestellt werden. Dazu gehört insbesondere, dass der Werbende die wissenschaftliche Absicherung seiner Aussagen auch zur Überzeugung des Gerichts darstellen kann. Das war im vorliegenden Fall dem Hörgeräteakustikunternehmen nicht geglückt. Wissenschaftliche Studien über die Wirkung der hier beworbenen Gehörtherapie existieren unstreitig nicht. Ein im Verlauf der ersten Instanz vom Gericht eingeholtes Sachverständigengutachten vermochte ebenfalls keinen hinreichend gesicherten Nachweis der Wirksamkeit zu erbringen.
Dementsprechend untersagte das Oberlandesgericht Karlsruhe mit seinem Urteil vom 14.07.2011 den Anträgen der Wettbewerbszentrale folgend die Werbung für eine „Therapeutische Hörakustik“ und/oder die „Terzo-Gehörtherapie“ im Zusammenhang mit einem konkreten, diese Angaben verwendenden Anzeigenkontext. Ebenso untersagt wurde aus den hier bereits dargestellten Gründen die Werbung mit der Angabe
„Sind auch Sie mit den Hörgeräten unzufrieden?… Die meisten Hörgeräte sind nicht optimal eingestellt.“,
ebenfalls in Zusammenhang einer konkreten Werbeanzeige des beklagten Hörgeräteakustikunternehmens.
Es bleibt abzuwarten, ob das beklagte Hörgeräteakustikunternehmen noch von Rechtsmitteln Gebrauch macht.
HH 2 0239/07 pb
Weitere aktuelle Nachrichten
-
OLG Frankfurt a. M. untersagt „Anti-Kater“-Werbung für Mineralstofftabletten
-
Rückblick: Konferenz „Wettbewerb, Nachhaltigkeit & Recht“
-
Rückblick: „Jura in der Praxis“ der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
-
Rückblick: Internationaler Kongress der Liga in London
-
Landgericht Mainz zur Assoziation von „After Party Shots“ mit einem Alkoholkater