Wird Kindern ohne Mitwirkung der Eltern die Mitgliedschaft in einem „Autokids – Club“ angeboten, wenn sie zuvor einen im Internet eingestellten Fragebogen ausfüllen, so liegt darin eine wettbewerbswidrige Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit der Kinder (§ 4 Nr. 2 UWG).
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat diese Form der Werbung untersagt, sofern nicht das Einverständnis der Eltern mit dem Erwerb der Club-Mitgliedschaft sichergestellt wird. Der beklagte Kfz-Hersteller präsentierte im Internet Anmeldeformulare zu einem „Autokids- Club“, mit denen Kinder ohne Mitwirkung der Eltern die Clubmitgliedschaft beantragen konnten. Hierzu mussten sie in einem Fragebogen persönliche Daten eingeben und Fragen nach ihren Hobbys, ihrem Lieblingsauto und dem zuletzt besuchten Freizeitpark beantworten. Club-Mitglieder erhielten Vergünstigungen in Freizeitparks und wurden zu Veranstaltungen eingeladen, die von dem beklagten Kfz-Hersteller organisiert wurden und die teilweise in Autohäusern des Herstellers stattfanden.
Die Einrichtung des Clubs und die Mitgliederwerbung dienten nach Ansicht des Senats der Aufmerksamkeits- und Imagewerbung für das Unternehmen und konkreten Verkaufsförderungsmaßnahmen. Die Veranstaltungen, zu denen die Club-Mitglieder eingeladen würden, gäben Gelegenheit zur Produktwerbung, weil die Kinder die Veranstaltungen in der Regel mit ihren Eltern aufsuchten.
Zwar sei die Erhebung von Daten bei Kindern nicht stets und ohne weiteres als unlauter anzusehen. Gerade für Kinder im Vorschul- und Grundschulalter seien aber die mit der Preisgabe persönlicher Daten verbundenen Nachteile und der Zusammenhang zwischen Datenerhebung und Werbestrategie kaum erkennbar. Die Werbung richte sich an Kinder, die geschäftlich noch völlig unerfahren seien und ihre ersten eigenen Erkundungen im Internet machten. Damit schaffe sie ohne Einschaltung der Eltern die Voraussetzungen für gezielte Einladungen, die den Kindern attraktiv erscheinen mögen, die aber zugleich auf die Ermöglichung einer werblichen Beeinflussung (der Eltern) ausgerichtet seien. Kinder könnten die Vorteile einer solchen Mitgliedschaft gegen die Nachteile in der Regel aber nicht sachgerecht abwägen, weshalb ihre geschäftliche Unerfahrenheit durch die beanstandete Datenerhebung ausgenutzt werde.
Der Senat betont jedoch, dass der Unlauterkeitstatbestand nicht erfüllt wäre, wenn die Mitwirkung der Eltern beim Erwerb der Club-Mitgliedschaft für die Kinder sichergestellt sei.
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, Urteil vom 30.06.2005, – 6 U 168/04
Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 01.08.2005,
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