Das Landgericht Rostock weist in einer aktuellen Entscheidung darauf hin, dass ein Unternehmen, das Prüfsiegel vergibt oder damit wirbt, Verbrauchern Informationen über die Art und Weise der Prüfsiegelvergabe zur Verfügung stellen muss (LG Rostock, Urteil vom 11.04.2014, Az. 5 HK O 139/13; nicht rechtskräftig). Dem Urteil liegt eine Klage der Wettbewerbszentrale zugrunde. Diese hatte ein Unternehmen verklagt, das Siegel und Zertifikate für Allergie-Bettwäsche vergibt. Der weitere Beklagte in dem Verfahren war ein Unternehmen, das seine Allergie-Bettwäsche im Internet mit diesen Prüfsiegeln bzw. Zertifikaten bewarb. Der Geschäftsführer der ersten Beklagten ist zugleich auch der Geschäftsführer der zweiten Beklagten.
Das Landgericht Rostock sah in der Werbung für die Bettwäsche mit dem „Qualitätssiegel“ sowohl eine Irreführung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 3 UWG als auch eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5a Abs. 2 UWG. Nach Auffassung der Richter fehlte es an jeglichen Grundinformationen, anhand derer der Verbraucher den Wert und Aussagegehalt des Prüfsiegels nachvollziehen kann. Die Richter zweifelten bereits an der Unabhängigkeit und Neutralität der zertifizierenden Stelle, da diese im Verfahren nicht darlegen konnte, wie die Vergabe der Testsiegel verläuft. Die Beklagte, deren Firmierung den Wortbestandteil „Akademie“ enthält, müsse als Einrichtung dem Anspruch gerecht werden, den der Akademie-Begriff erwecke. Hierzu erscheine die Beklagte institutionell, sachlich, personell und finanziell völlig strukturlos, so dass bereits nicht angenommen werden könne, dass die Voraussetzungen für ein eigenes, objektives Zertifizierungsverfahren einer unabhängigen und neutralen akademischen Einrichtung gegeben seien.
Ein weiteres Indiz für ein nicht vorhandenes oder mangelhaftes Prüfverfahren sah das Gericht auch darin, dass einem weiteren Hersteller von Allergie-Bettwäsche das Prüfsiegel verliehen worden war, diesem aber von einer Prüfung bzw. Zertifizierung seiner Produkte nichts bekannt war.
Das Argument, dass die Prüfkriterien explizit in einem Flyer aufgelistet seien, der in allen relevanten Arztpraxen ausliege, konnte das Gericht ebenfalls nicht überzeugen. Es hielt der Beklagten vor, dass es die „relevanten Arztpraxen“ nicht benannt habe und auch nicht dargelegt habe, welche Prüfkriterien im Flyer aufgelistet sind. Zudem erreiche eine in Arztpraxen ausliegende Information den Verbraucher nicht.
Dem zweiten Beklagten wurde entsprechend untersagt, mit dem „Qualitätssiegel“ der „Akademie“ weiter zu werben. Das Gericht hielt die Werbung schon deshalb für irreführend und damit wettbewerbswidrig, weil die Unabhängigkeit und Neutralität der zertifizierenden Stelle nicht nachgewiesen worden sei. Zudem war das Zertifikat bereits zum Zeitpunkt der Werbung abgelaufen, was nach Auffassung des Gerichts ebenfalls für die fehlende Überwachung, Ernsthaftigkeit und Unabhängigkeit in den Beziehungen zwischen den beiden Beklagten mit ihrer personenidentischen Geschäftsführung spreche.
(F 4 0167/13)
ck
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