Das Landgericht Münster hat es einem Immobilienmakler auf Antrag der Wettbewerbszentrale untersagt, sich mit einem Werbeschreiben, das auf den Abschluss von Maklerverträgen gerichtet war, an Pflegeeinrichtungen zu wenden, da die Werbemaßnahme auf eine unzumutbare Belästigung ausgerichtet war.
Ein Immobilienberater hatte Leiter von Pflegeeinrichtungen mit folgenden Worten angeschrieben:
„…Ich wende mich persönlich an Sie, da unsere gemeinsame Zielgruppe der Senioren ganz individuelle Service- und Beratungsleistungen erwartet.
Sie helfen den Menschen im Pflegebereich, ich ….im Bereich des seniorengerechten Wohnens: Neben den klassischen Maklerleistungen auch durch…Rentenaufbesserungen durch Nießbrauch- oder Wohnrechtsmodelle inkl. gegen Rückmietung und bei der Suche nach passenderen Wohnformen fürs Alter.
Sie bzw. Ihr Pflegeteam erfahren vermutlich als Erstes, wenn der/die Betreute vor der schwierigen Frage steht, wie der letzte Lebensabschnitt finanziell abgesichert werden soll, zumal dann, wenn das eigene Haus oder die eigene Wohnung die wesentliche Rücklage darstellt.
Gerade unsere Senioren suchen hier den vertrauensvollen Kontakt zu einem verlässlichen und empathischen Ansprechpartner, der ihnen Lösungen aufzeigt – …
Ich würde mich sehr freuen, wenn wir einmal Gelegenheit zu einem persönlichen Kennenlernen fänden, um mögliche Synergien in der Betreuung unserer Senioren zu besprechen. Ein Ansatz wäre z. B. eine wirklich attraktive Tippprovision für Sie und das Pflegeteammitglied für jeden erfolgreich übergeleiteten Immobilienverkäufer.
…“
Das Landgericht Münster hat in dem Anschreiben eine Werbemaßnahme gesehen, die auf eine unzumutbare Belästigung der von den angesprochenen Pflegediensten und deren Mitarbeiter betreuten Senioren gerichtet war (Urteil vom 15.10.2019, Az 023 O 36/19).
Das Gericht hat sogenannte besondere Umstände angenommen, die im konkreten Fall Besuche von Senioren unzulässig machen. Im konkreten Fall sei zu berücksichtigen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Senioren nicht dem Leitbild des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers entspreche. Darüber hinaus seien die Pflegedienstmitarbeiter Personen, von denen die Senioren Hilfe erfahren würden und sich dadurch ein besonderes Vertrauensverhältnis entwickle. Die Werbung sei darauf ausgerichtet, für die Zwecke der Beklagten die Gesamtlage der betreuten Senioren und das Verhältnis zu den betreuenden Mitarbeitern der angeschriebenen Pflegeeinrichtungen auszunutzen, um den Abschluss eines Maklervertrages herbeizuführen. Hinzu käme, dass durch das Inaussichtstellen einer attraktiven Tippprovision für den angesprochenen Pflegedienst und deren Mitarbeiter ein finanzieller Anreiz geschaffen werde, solche Maklerverträge zwischen betreuten Senioren mit Immobilienbesitz und der Beklagten herbeizuführen. Es liege nahe, dass dies erfolgreicher sei, wenn den betreuten Senioren das eigene Provisionsinteresse nicht offenbart werde. Dementsprechend hoch liege die Gefahr, dass (unzulässige) verdeckte Laienwerbung betrieben werde.
Das rechtskräftige Urteil ist im Volltext abgedruckt in WRP 2020, S. 377f..
Weiterführende Informationen
Allgemeine Informationen der Wettbewerbszentrale für die Immobilienwirtschaft >>
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale / Jahresbericht 2019, „Kapitel Immobilienwirtschaft“ >>
Az B 1 0192/18
jb
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