Das LG Münster hat in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale einem Unternehmen untersagt, mit der „kostenneutralen Bereitstellung von Blutzuckermessgeräten“ für Blutzuckermessstreifen zu werben (LG Münster, Urteil vom 24.09.2019, Az. 023 O 13/19, nicht rechtskräftig).
Das Unternehmen beliefert ausschließlich Altenheime. Bei diesen warb es unter anderem mit „Kostenneutrale Bereitstellung von Blutzuckermessgeräten in erforderlicher Anzahl je Wohnbereich mit einem Reservegerät für alle Wohnbereiche.“
Zum Hintergrund:
Blutzuckermessgeräte funktionieren nur mit den Blutzuckerteststreifen des jeweiligen Herstellers. Wer also ein Blutzuckermessgerät eines bestimmten Herstellers verwendet, kommt nicht umhin, auch die dazu passenden Teststreifen eben jenes Herstellers zu kaufen. Das beklagte Unternehmen selbst hat im Rahmen des Prozesses vorgetragen, dass die durchschnittliche Verbrauchsmenge an Blutzuckerteststreifen pro Diabetiker zwischen 100 bis 400 Streifen im Monat liege und die Kosten für 100 Teststreifen sich auf durchschnittlich 39,98 Euro beliefen.
Blutzuckermessgerät ist weder geringwertig noch handelsüblich
Die Wettbewerbszentrale hat einen Verstoß gegen das Zuwendungsverbot des § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) beanstandet. Dieses verbietet im Gesundheitsbereich grundsätzlich die Werbung mit und die Abgabe von Zuwendungen. Das Landgericht sah in der kostenlosen Überlassung der Geräte eine solch unzulässige Zugabe.
Der Einwand der Beklagten, es handele sich um eine geringwertige Kleinigkeit, die nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nr.1 HWG ausnahmsweise zulässig sei, überzeugte das Gericht nicht. Der Wert der Messgeräte übersteige, so das Gericht, die Geringwertigkeitsgrenze von 1 Euro, da die Blutzuckermessgeräte auf Preisvergleichsplattformen ab 8,99 Euro abgegeben würden. Auch sei der Ausnahmetatbestand des § 7 Absatz 1 Satz 1 Nr.3 HWG nicht einschlägig. Danach ist ausnahmsweise handelsübliches Zubehör als Zugabe zulässig. Handelsüblich sind laut Auffassung des Gerichts Leistungen, die sich nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Verkehrskreise „im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten“ hielten. Im Streitfall habe die Beklagte aber in herausgestellter Weise mit der kostenlosen Bereitstellung der Geräte geworben – mit der Konsequenz, dass die Kostenlosigkeit in den Augen der Kunden nichts Handelsübliches sei, sondern eine Besonderheit darstelle.
Es handelt sich nicht um einen Einzelfall. Das OLG Dresden hat mit Beschluss vom 8.1.2018 (Az. 14 U 1047/17) die Berufung eines Sanitätshauses gegen ein Urteil des LG Dresden zurückgewiesen. Dieses hatte das Unternehmen verurteilt, für die kostenlose Abgabe von Blutzuckermessgeräten zu werben oder diese ankündigungsgemäß kostenlos abzugeben (LG Dresden, Urteil vom 29.06.2017, Az. 44 HK O 200/16). In einem weiteren Verfahren der Wettbewerbszentrale untersagte das LG Bochum einer Apothekerin die kostenlose Abgabe eines Blutzuckermessgerätes (LG Bochum, Urteil vom 31.08.2017, Az. I-14 O 100/17).
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