In einem Verfahren der Wettbewerbszentrale hatte das Landgericht Koblenz einem Arzt per einstweiliger Verfügung untersagt, medizinische Ferndiagnosen und entsprechende Therapien zu bewerben sowie mit der Bezeichnung „Facharzt für … Akupunktur, Hypnose, Sexualmedizin, Psychoneuroimmunologie, Energie- und Raumfahrtmedizin“ zu werben (LG Koblenz, Beschluss vom 20.04.2021, Az. 1 HK O 29/21). Der Widerspruch des Arztes gegen den Beschluss hatte keinen Erfolg; das Landgericht Koblenz bestätigte nun die einstweilige Verfügung (LG Koblenz, Urteil vom 20.07.2021, Az. 1 HK O 29/21; nicht rechtskräftig).
Zum Sachverhalt
Der Beklagte ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychotherapie. In einer Werbemail bezeichnete er sich wie folgt:
„Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Akupunktur, Hypnose,
Sexualmedizin, Psychoneuroimmunologie,
Energie- und Raumfahrtmedizin“
Die Gebiete, in denen man eine Facharztbezeichnung erhalten kann, sind in den jeweiligen Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern bezeichnet. „Akupunktur“, „Hypnose“, „Sexualmedizin“, „Psychoneuroimmunologie“ und „Energie- und Raumfahrtmedizin“ gehören nicht zu diesen Gebieten.
Die Werbemail enthielt das Angebot eines „Fachgespräches über Telefon und Video“. Der Ablauf einer Ferndiagnostik und Therapie durch die Privatarztpraxis wurde wie folgt geschildert: Der Adressat solle sich mit der Praxis per Telefon oder E-Mail in Verbindung setzen und erhalte dann Informationsunterlagen. Darüber hinaus benötige man zwei Fotos, ein älteres Foto sowie ein aktuelles Foto und ggf. eine Haarprobe. Sodann erfolge die Diagnostik und Aufarbeitung dieser Unterlagen und ein nachfolgendes Arztgespräch mit Ferntherapie. Aus den Photonen des Lichtbildes und den Schwingungen der DNA der zugesendeten Kopfhaare ließen sich mit einem bestimmten Verfahren „Parameter fast aller bekannten Viren, Bakterien und Parasiten ermitteln.“
Hinweis auf Facharztbezeichnungen irreführend
Die Wettbewerbszentrale vertrat die Auffassung, dass es unzulässig sei, mit Facharztbezeichnungen zu werben, die es nicht gebe. Diese Auffassung wurde nun vom Landgericht bestätigt. Die Irreführung durch das versandte E-Mail-Schreiben sei geeignet gewesen, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, so das Landgericht. Die Richter verweisen darauf, dass Verbraucher besondere Fachkenntnisse über „Hypnose“, „Sexualmedizin“ usw. und damit eine bestmögliche Behandlung auf diesen Gebieten erwarteten.
Werbung für Fernbehandlung
Die Wettbewerbszentrale hatte das Angebot des Beklagten zur Ferndiagnose als Verstoß gegen § 9 Heilmittelwerbegesetz (HWG) beanstandet. Nach § 9 HWG ist eine Werbung für Fernbehandlung unzulässig. Ausnahmsweise ist sie nur dann zulässig, wenn „nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.“ Bei der vom Beklagten versprochenen „Diagnostik für alle Organsysteme“ gibt es nach Auffassung des Landgerichts keine Rechtfertigung, warum nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.
Es handelt sich bei dem Verfahren um keinen Einzelfall. Erst jüngst hat das OLG Oldenburg in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale einem Zahnarzt untersagt, sich als „Zahnarzt für Kieferorthopädie“ zu bezeichnen, sofern er nicht die nach dem Weiterbildungsrecht einer Zahnärztekammer erworbene Bezeichnung „Fachzahnarzt für Kieferorthopädie“ führen darf (OLG Oldenburg, Urteil vom 30.04.2021, Az. 6 U 263/20).
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Gesundheitswesen >>
F 4 0133/21
ck
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