Das Landgericht Hamburg hat in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale Ärzten die Werbung mit der Angabe „Deutsche Stimmklinik“ untersagt (LG Hamburg, Urteil vom 15.11.2019, Az. 315 O 472/18, nicht rechtskräftig).
Die Ärzte der Praxis sind Fachärzte für HNO-Heilkunde bzw. Fachärzte für Phoniatrie und auf die Diagnostik und Therapie von Stimmstörungen spezialisiert. Sie arbeiten mit Logopäden, Gesangspädagogen etc. zusammen. Die Beklagten sind darüber hinaus mit verschiedenen Kliniken Kooperationen eingegangen, die es z. B. ermöglichen, Patienten jederzeit einweisen zu können.
Die Wettbewerbszentrale hatte den Begriff „Deutsche Stimmklinik“ als irreführend beanstandet. Der Verbraucher werde durch die Verwendung des Begriffs „Deutsche“ getäuscht. Denn er erwarte von einer solchen Einrichtung einen Zusammenschluss von mehreren Praxen, die in mehr als einer Stadt tätig seien. Außerdem hielt die Wettbewerbszentrale die Verwendung der Bezeichnung „Stimmklinik“ für irreführend, denn nach ihrer Auffassung wird mangels Übernachtungsmöglichkeit eine Praxis, aber keine Klinik betrieben. Die Beklagten hielten dem entgegen, dass die Kombination zwischen medizinischen und nichtmedizinischen Dienstleistungen einmalig sei. Es handele sich nicht um eine übliche HNO- oder Phoniatrie-Facharztpraxis. International habe sich für solche Einrichtungen in den vergangenen Jahren die Bezeichnung „Stimmklinik“ herausgebildet, wobei international die englischsprachige Übersetzung „Voice Clinic“ gebräuchlich sei. Auch sei das Verständnis der angesprochenen Kreise bezüglich des Begriffs „Klinik“ im Wandel.
„Klinik“ weist auf ein Krankenhaus oder Abteilung eines Krankenhauses hin
Nach Auffassung des Landgerichts versteht der Verbraucher unter einer Klinik ein Krankenhaus oder zumindest eine Abteilung eines Krankenhauses mit Betten für eine stationäre Versorgung auch über Nacht. Ein anderes Verständnis folgt nach Überzeugung des Gerichts auch nicht aus der von der Gegenseite vorgelegten Liste von „Voice Clinics“. In seinen Urteilsgründen weist es darauf hin, dass es sich jedenfalls bei den für das Gebiet der Europäischen Union aufgeführten „Voice Clinics“ um Abteilungen von Krankenhäusern handele. Das aber treffe auf die „Deutsche Stimmklinik“ nicht zu. Vielmehr handele es sich bei dieser um eine interdisziplinäre Gemeinschaftspraxis, bei der neben medizinischen Dienstleistungen auch Dienstleistungen der Bereiche Logopädie, Stimmcoaching, Gesangspädagogik sowie Osteopathie mit psychotherapeutischem Hintergrund angeboten werde.
Kooperation mit Krankenhaus rechtfertigt nicht die Bezeichnung „Klinik“
Auch der Kooperationsvertrag mit einem Krankenhaus, der es ermögliche, jederzeit Patienten dort einzuweisen, rechtfertige den Begriff „Klinik“ nicht, denn „bei der Aufnahme der Patienten in einer Klinik, mit der die Beklagten kooperieren, handelt es sich nicht um eine stationäre Versorgung durch die Beklagten selbst“, so das Gericht in seiner Begründung.
Es handelt sich hierbei um keinen Einzelfall. Sowohl im human- als auch tiermedizinischen Bereich geht es in den Fällen der Wettbewerbszentrale häufig um die Frage, ob der Begriff „Klinik“ zu Recht geführt wird. So hat die Wettbewerbszentrale erst im letzten Jahr klären lassen, dass eine zahnärztliche Praxis ohne Übernachtungsmöglichkeit keine „Praxisklinik“ ist (OLG Hamm, Urteil vom 27.02.2018, Az. I-4 U 161/17). Tierärztliche Kliniken müssen nach den jeweiligen Berufsordnungen und Klinikrichtlinien bestimmte sachliche und personelle Anforderungen erfüllen und von der Tierärztekammer für eine bestimmte Tierart zugelassen sein. Die Wettbewerbszentrale hat im August Klage beim LG Münster gegen einen Tierarzt eingereicht, der seine Einrichtung als „Tierklinik“ in Verbindung mit einem Ortsnamen betreibt und unter anderem Leistungen für Kleintiere bewirbt, ohne nach Auffassung der Wettbewerbszentrale deutlich zu machen, dass sich der Klinikstatus nur auf Pferde bezieht.
F 4 0425/18
ck
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