Das Landgericht Bremen hat auf Antrag eines Verbraucherschutzverbandes einer Versicherungs- und Finanzanlagenvermittlerin untersagt, im Rahmen ihres Internetauftritts mit den Hinweisen „produktunabhängige Beratung“ sowie „unabhängige Beratung“ zu werben (LG Bremen, Urteil vom 11.07.2023, Az. 9 O 1081/22).
Sachverhalt
Die Beklagte bot auf ihrer Internetseite eine Anlageberatung zu unterschiedlichen Finanzdienstleistungen an. Im Impressum ihrer Internetseite wies die Beklagte auf ihre auch tatsächlich zutreffende Eigenschaft als Anlageberaterin sowie Versicherungsmaklerin hin. Des Weiteren warb die Beklagte mit den Hinweisen:
„Wir bieten bundesweit produktunabhängige Beratung an“
sowie
„Wir bieten bundesweit eine unabhängige Beratung zu folgenden Themen“.
Diese werblichen Hinweise verstießen nach Ansicht des LG Bremen gegen das Wettbewerbsrecht.
„Unabhängig“ können nur Honorarberater sein
Das Gericht hielt schon den Begriff „Unabhängig“ für eine unwahre Angabe. Denn unter Berücksichtigung gesetzlicher Regelungen – wie etwa dem Wertpapierhandelsgesetz (§ 94) – könne eine Unabhängigkeit nur im Falle eines Honorarberaters angenommen werden. Das Gericht stellte klar, dass ein Finanzanlagenberater selbst dann nicht unabhängig sein könne, wenn er in Einzelfällen neben einer Provision ein Honorar vom Anleger erhalte.
Verbraucher gehen bei Unabhängigkeit nicht von Provisionszahlungen aus
Nach Ansicht des Gerichts war der Hinweis auf die „Unabhängigkeit“ aus Sicht der angesprochenen Verbraucherinnen und Verbraucher zudem irreführend. Denn diese gingen zum einen davon aus, dass die beklagte Vermittlerin nicht in einer vertraglichen Beziehung zu den Anbietern der Anlage- bzw. Versicherungsprodukte stehe. Zum anderen werde auch deren Erwartung enttäuscht, dass die beklagte Vermittlerin tatsächlich nicht unabhängig von Provisionszahlungen sei, die die Vermittlerin für einen erfolgreichen Vertragsabschluss von den Unternehmen erhalte. Jegliche Abhängigkeit der Beklagten von den Anbietern der Anlage- bzw. Versicherungsprodukte stehe aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher einer Unabhängigkeit entgegen.
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fs
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