Am 23.02.2024 ist die geänderte Energiekennzeichnungsverordnung für Personenkraftwagen (Pkw-EnVKV) in Kraft getreten. Die Verordnung verpflichtet Fahrzeughersteller und -händler, in der Werbung für neue Personenkraftwagen Angaben zu deren Kraftstoffverbrauch, Stromverbrauch, CO2-Emissionen und Energiekosten zu machen. Der Pkw-EnVKV zugrunde liegt die europäische Richtlinie RL 1999/94/EG. Die Verordnung enthält zusätzlich weitere rein nationale Informationspflichten (z. B. CO2-Klassen, Energiekostenschätzung).
Umstellung des Prüfmessverfahrens von NEFZ auf WLTP
Die Novellierung war notwendig, da das Prüfmessverfahren für die Ermittlung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen vom bisherigen „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ) auf das „Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure“ (WLTP) umgestellt wurde. Nach den Vorgaben der europäischen Verordnung (EU) 2017/1151 werden die Werte seit September 2018 bei allen neu zugelassenen Pkw nur noch nach dem WLTP-Testzyklus ermittelt und seit Januar 2020 nicht mehr zusätzlich auf NEFZ-Werte zurückgerechnet.
Der WLTP Testzyklus findet unverändert auf dem Prüfstand statt. Die Bedingungen sind aber strenger und führen zu realitätsnäheren Ergebnissen. WLTP-Werte werden für die Phasen „Innenstadt“, „Stadtrand“, „Landstraße“, „Autobahn“ ausgewiesen (statt „innerorts“, „außerorts“ und „kombiniert“ bei NEFZ).
Umstellung auf absolute CO2-Klassen
Die bisherigen CO2-Effizienzklassen werden von CO2-Klassen abgelöst. Die grundlegende Änderung ist die Einteilung der Klassen ausschließlich anhand der CO2-Emissionen. Bisher wurden die Klassen nach dem Ausstoß der CO2-Emissionen in Relation zum Fahrzeuggewicht eingeteilt. Nicht ausgeschlossen war, dass ein großes Fahrzeug eine günstigere CO2-Effizienzklasse erhielt als ein kleines Fahrzeug, obwohl es weniger CO2-Emissionen ausstieß.
Die Farbskala weist sieben CO₂-Klassen in den Abstufungen A (= 0 g/km – grün) bis G (= 176 g/km und mehr – rot) aus. Die Einteilung berücksichtigt weiterhin ausschließlich solche CO2 -Emissionen, die das Fahrzeug im Betrieb verursacht.
Pkw-Label
Für das sogenannte Pkw-Label gibt es jetzt fünf unterschiedliche Muster, abhängig vom Antriebs- und Kraftstoffkonzept des Fahrzeuges
- ein Muster für Benzin-, für Diesel- und mit Flüssiggas (LPG) betriebene Fahrzeuge,
- eines für gasbetriebene Fahrzeuge,
- eines für Brennstoffzellenfahrzeuge (Wasserstoff),
- eines für Elektrofahrzeuge (rein batterieelektrisch angetrieben; sogenannte BEV)
- und eines für Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge (Verbrennungsmotor + extern aufladbarer elektrischer Motor; sogenannte PHEV).
Die Besonderheit bei den PHEV ist eine doppelte Kennzeichnung, bei der neben zwei CO2-Klassen zum Beispiel der Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugmodells bei entladener Batterie und der Stromverbrauch bei rein elektrischem Betrieb anzugeben sind.
Das PKW-Label ist nicht wie bisher nur am (analogen) Verkaufsort am bzw. direkt beim Fahrzeug anzubringen. Die Regelungen gelten entsprechend für den „digitalen Verkaufsort“. Dabei sind die im Pkw-Label enthaltenen Angaben bei der Beschreibung des Fahrzeugmodells darzustellen, spätestens im Augenblick des Abschlusses der Konfiguration eines konkreten Fahrzeuges. Die fünf Muster können verwendet werden. Anders als beim (analogen) Verkaufsort besteht eine Verpflichtung dazu am „digitalen Verkaufsort“ aber nicht.
Die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) stellt Herstellern und Händlern im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Tools für die Erstellung des Pkw-Labels zur Verfügung. Link: https://alternativ-mobil.info/mediathek/tools/pkw-label-erstellen
CO2-Kosten in drei Szenarien über die nächsten 10 Jahre
Neu ist die Ausweisung der möglichen CO2-Kosten, kumuliert auf die nächsten 10 Jahre bei einer Fahrleistung von 15.000 Kilometern pro Jahr. Verbraucher sollen explizit auf die künftige Kostenbelastung bei der Nutzung des Fahrzeuges hingewiesen werden, die sich infolge der CO2-Bepreisung fossiler Kraftstoffe ergibt. Der zu erwartende deutliche Anstieg des CO2-Preises wird zu höheren Kraftstoffpreisen führen. Da sich die tatsächliche Entwicklung nur schwer prognostizieren lässt, liegen der Berechnung der CO2-Kosten drei Szenarien zugrunde, bei denen ein „niedriger“, „mittlerer“ und ein „hoher“ durchschnittlicher CO2-Preis angenommen wird. Die CO2-Preise werden jährlich durch das BMWK überprüft und gegebenenfalls angepasst.
Gedruckte und elektronische Werbung
Die Kennzeichnungspflichten bei gedruckter und elektronischer Werbung werden angeglichen. Sowohl in Werbeschriften als auch bei der Werbung im Internet und in anderem elektronisch verbreiteten Werbematerial müssen für jedes Fahrzeugmodell
- der Energieverbrauch (Kraftstoff, Strom usw.),
- die CO2-Emissionen und
- die CO2-Klasse, gegebenenfalls CO2-Klassen
angegeben werden. Neu ist, dass für alle Werbematerialien die Angabe nur noch der kombinierten Werte bzw. des gewichtet kombinierten Werts (PHEV) vorgeschrieben wird. Bei den PHEV muss zusätzlich der kombinierte Wert für den Kraftstoffverbrauch bei entladener Batterie angegeben werden.
Entgegen den Entwürfen ist die Angabe der elektrischen Reichweite bei den Elektrofahrzeugen in der Werbung entbehrlich.
Unverändert müssen alle Angaben gut lesbar und nicht weniger hervorgehoben als der Hauptteil der Werbebotschaft und bereits bei flüchtigem Lesen leicht verständlich sein.
Zu den Werbeschriften zählt jede Druckschrift, die der Vermarktung eines Fahrzeuges dient, insbesondere Anzeigen in Zeitungen, Magazinen und Fachzeitschriften, außerdem technische Anleitungen, Broschüren und Plakate.
Von der Werbung im Internet sind die sozialen Medien (z. B. Facebook, Twitter, Instagram, Pinterest, Tumblr) und Videoportalen wie YouTube jetzt ausdrücklich erfasst. Wie bisher ist sicherzustellen, dass die Angaben in dem Augenblick sichtbar sind, in dem erstmals Informationen zur Motorisierung des beworbenen Fahrzeugmodels (z. B. zu Motorleistung, Hubraum, Beschleunigung) auf dem Bildschirm angezeigt werden. Neu ist eine, wenn auch sehr eng umgrenzte Ausnahme; danach stelle es keinen Verstoß gegen die Pkw-EnVKV dar, wenn die Sichtbarkeit der Angaben ausschließlich aufgrund der technischen Darstellung der jeweiligen Plattform, auf der geworben wird, und ohne weiteres Zutun des Fahrzeugherstellers oder -händlers nicht oder nur zum Teil gegeben ist. Die Ausnahme betrifft zum Beispiel den Button „Mehr anzeigen“, wenn ein Teil der Angaben erst nach dessen Anklicken sichtbar wird, und soll nur dann vorliegen, wenn der Hersteller bzw. Händler eine ordnungsgemäß gekennzeichnete Werbung veröffentlicht und alles getan hat, damit die Sichtbarkeit der Angaben gewährleistet ist. Ist dagegen auf einer solchen Plattform von vorneherein zum Beispiel kein oder kein ausreichendes Textfeld für die Angaben vorhanden, soll sich der Hersteller bzw. Händler nicht auf die Ausnahme berufen können. Ob die Ausnahme tatsächlich eine Erleichterung für Fahrzeughersteller und -händler bringt, bleibt abzuwarten.
Unverändert ausgenommen ist die Werbung in audiovisuellen Mediendiensten wie TV und Radio.
Übergangsfristen
Fahrzeughersteller und -händler sind angehalten, schnellstmöglich Ihre Werbung umzustellen.
Werbung, die am 22.02.2024 bereits im Internet vorhanden war, kann noch bis zum 01.05.2024 weiter verwendet werden, vorausgesetzt die Werbung entspricht den bisher geltenden Anforderungen. Dies gilt entsprechend für bereits vorhandene Werbeschriften und Speichermedien, die im Unterschied zur Werbung im Internet aber noch bis zum 01.08.2024 dürfen weiter verwendet werden.
Für Werbung, die nach dem 22.02.2024 geschaltet wird, gelten die neuen Bestimmungen sofort.
Für das Pkw-Label am bzw. beim Fahrzeug können die bis zum 22.02.2024 geltenden Muster uneingeschränkt bis zum 01.05.2024 verwendet werden, mithin auch für nach dem 22.02.2024 erstellte Label. Dies gilt ebenso für die Aushänge.
Der Leitfaden zum Energieverbrauch und zu den CO2-Emissionen, in dem alle neuen Fahrzeugmodelle enthalten sind, wird zum 15.07.2024 umgestellt.
Nach der Novelle ist vor der Novelle.
Die Europäische Kommission überprüft bis zum 31.12.2024, ob Anpassungen bei der Richtlinie RL 1999/94/EG geboten sind, die der Pkw-EnVKV zugrunde liegt.
Im BMWK gibt es Überlegungen, ob die Kennzeichnungspflichten aus der Pkw-EnVKV auf Gebrauchtfahrzeuge ausgedehnt und Energieverbrauchsklassen für reine Elektrofahrzeuge eingeführt werden sollen.
Es ist also nicht ausgeschlossen, dass relativ zeitnah eine weitere Novellierung der Pkw-EnVKV stattfindet.
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung des BMWK vom 23.02.2024 >>
Handreichung des BMWK vom 26.02.2024 zu den Übergangsregelungen >>
Text der Verordnung auf den Seiten des Bundesamtes für Justiz (BMJ) >>
kok/sp
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