Die Verbreitung von Inhaltsmitteilungen von Texten, so genannter „abstracts“, verstößt weder gegen das Urheberrecht des Rechteinhabers, noch das Wettbewerbs- noch das Markenrecht.
Die Klägerin verlegt die „F-Zeitung“. Zu dem Angebot dieser Zeitung gehört auch ein umfassendes Internet-Angebot unter www.f-archiv.de. Gegen Entgelt können Dritte einzelne F-Artikel aus dem Online-Archiv aussuchen und auf einer Intranet-/Internetseite veröffentlichen. Hierzu bietet die Klägerin gegen Entgelt einen Download in verschiedenen Formaten an. Die Beklagte betreibt unter www.p.de ein Internetangebot. Auf ihrer Internetseite bietet sie Zusammenfassungen verschiedener Feuilletonartikel der wichtigsten deutschsprachigen Qualitätszeitungen. Hierzu gehören u. a. in der „F-Zeitung“ erschienene Originalrezensionen zu aktuellen Buchveröffentlichungen, welche die Beklagte unter der Überschrift „Notiz zur F-Zeitung“ in verkürzter Form wiedergibt. An diesen Notizen hat die Beklagte gegen Entgelt Lizenzen an die Internet-Bookshops a.de und b.de erteilt.
Mit der Klage begehrt die Klägerin der Beklagten die kommerzielle Verwertung dieser Notizen im Wege der Weiterlizenzierung an Dritte zu untersagen. Dem folgte die 3. Zivilkammer nicht. Die Kammer führt in ihrer Entscheidung aus: „Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch weder aus § 97 I UrhG noch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zu. ….Bei den vorliegend angegriffenen Textfassungen handelt es sich um eine Sekundärnutzung urheberrechtlich geschützter Textvorlagen – Originalbuchkritiken – in eigengestalteten Kurzfassungen dieser Vorlagen (sog. Abstracts). Sie dienen dazu, den Leser über den wesentlichen Inhalt der Originaltexte zu informieren.
Eingriffe in die urheberrechtlichen Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte gemäß §§ 16, 17 UrhG scheitern bereits daran, dass es an einer 1:1-Dokumentation von Textauszügen fehlt. Übernommen werden allenfalls sehr kleine Teile der Originalkritiken wie einzelne Wörter, Sätze oder Satzteile, bei denen der Urheberrechtsschutz grundsätzlich daran scheitert, dass sie nicht ausreichend Raum für die Entfaltung von Individualität bieten. Die angegriffenen abstracts beinhalten Inhaltsmitteilungen. Weil die den abstracts zugrunde liegenden Originalkritiken bereits mit Zustimmung der jeweiligen Urheber erstveröffentlicht sind, beruht die Zulässigkeit der Inhaltsmitteilungen auf § 12 II UrhG. Aus dieser Vorschrift ergibt sich im Umkehrschluss, dass nach Erschöpfung des Mitteilungsvorbehaltes jedermann den Inhalt des Werkes öffentlich mitteilen oder beschreiben kann, ohne den Urheber fragen zu müssen. Diese Inhaltsmitteilungen sind von dem Einwilligungsvorbehalt des § 23 UrhG freigestellt.
Die Klägerin vermag ihren Unterlassungsanspruch auch nicht auf Markenrecht zu stützen. Eine rechtsverletzende Benutzung des zugunsten der Klägerin geschützten Kennzeichens „F-Zeitung“ und/oder „F-Zeitung“ i.S. des § 14 II MarkenG seitens der Beklagten im Zusammenhang mit der entgeltlichen Lizenzierung ihrer P-Notizen liegt nicht vor. Es fehlt an dem für eine Verletzung erforderlichen kennzeichenmäßigen Gebrauch. Angesichts der konkreten Ausgestaltung kommt dem verwendeten Kennzeichen nach der maßgeblichen Publikumsauffassung eindeutig ein rein inhaltsbeschreibender Bedeutungsgehalt zu. Die Beklagte stellt mit der Überschrift „Notiz zur F-Zeitung vom …“ lediglich klar, dass sie für die von ihr erstellten Zusammenfassungen Texte der „F-Zeitung“ verwendet hat. Zwar wird die fremde Marke natürlich auch hier letztendlich zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens im Sinne eines weiten Verständnisses von EUGH GRUR Int. 1999, 438 – BW Tz. 38 verwendet, aber eben nicht in Bezug auf das eigene Leistungsangebot der Beklagten. Damit ist schon der Verletzungstatbestand der §§ 14, 15 MarkenG zu verneinen.
Der Unterlassungsanspruch ergibt sich schließlich nicht aus §§ 3, 4 Nr. 9, 8 ff UWG unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes. Für die Anwendung der §§ 3, 4 UWG neben den sondergesetzlichen Regelungen des Urheber- bzw. Markengesetzes müssen besondere, außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestandes liegende Umstände hinzutreten, welche die beanstandete Handlung als unlauter i.S. der §§ 3, 4 UWG erscheinen lassen [BGHZ 134, 250 (267) – CB-Infobank I; GRUR 1999, 325 – elektronische Pressearchive]. Es erscheint schon zweifelhaft, ob den in der „F-Zeitung“ veröffentlichten Original- Buchrezensionen wettbewerbliche Eigenart zukommen kann, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit hier einzelne Merkmale bestehen, die geeignet sind, interessierte Verkehrskreise auf eine bestimmte betriebliche Herkunft oder Besonderheiten hinzuweise. Dies ist aus Sicht der Kammer bei den übernommenen Worten oder Wortfolgen indes nicht der Fall. Darüber hinaus liegen auch keine besonderen Umstände vor, die das beanstandete Verhalten der Beklagten unlauter machen…“
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main einlegen.
Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23.11.2006, Aktenzeichen: 2-03 O 172/06
Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23.11.2006
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