Anders als im Einzelhandel sind Geschenke im Gesundheitsbereich generell unzulässig. Die Voraussetzungen für die Werbung oder Gewährung von sog. Zuwendungen und Werbegaben werden in § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) geregelt. Sinn und Zweck der Regelung ist es, eine unsachliche Beeinflussung von Patienten zu verhindern.
Dass der Begriff der „Zuwendung“ weit ausgelegt wird und auch kostenlose ärztliche Behandlungen erfasst, zeigt ein aktueller Hinweisbeschluss des Kammergerichts in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale (Kammergericht Berlin, Beschluss vom 14.08.2024, Az. 5 U 139/21).
Die Wettbewerbszentrale hatte mehrere Werbeaussagen eines Unternehmens, das sich mit der Entwicklung und dem Vertrieb von zahnmedizinischen Produkten und Dienstleistungen befasst, beanstandet und in erster Instanz überwiegend Recht bekommen (LG Berlin, Urteil vom 17.11.2021, Az. 101 O 41/20). Vor dem Kammergericht stand nur noch die Werbung mit einer kostenlosen Beratung und Diagnose für eine zahnärztliche Behandlung, insbesondere der Erstellung eines interoralen 3-D-Scans sowie einer DVT (digitale Volumentomographie), im Streit. Das Unternehmen hatte sich gegen die diesbezügliche Verurteilung mit der Berufung zur Wehr gesetzt. Mit dem Hinweisbeschluss gab das Kammergericht nun zu erkennen, dass es beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen.
Kostenlose Beratung und Diagnose ist nicht handelsüblich
Eine „Zuwendung“ setzt nach Auffassung des Gerichts voraus, dass diese aus Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt wird. Das hat das Gericht bejaht: Der Verbraucher sei daran gewöhnt, dass ärztliche Untersuchungen gerade unter Einsatz bildgebender Verfahren nicht kostenfrei erbracht würden. Der Eindruck, etwas geschenkt zu bekommen, werde noch dadurch verstärkt, dass der Preis für das bildgebende Verfahren („Ein DVT kostet zwischen 150-300 € und wird meist nicht von der Krankenkasse übernommen…“) genannt und die Aktion als „Bonus für Sie“ bezeichnet wurde. Eine – ausnahmsweise zulässige – handelsübliche Nebenleistung liege schon deshalb nicht vor, weil in herausgehobener Weise mit der Kostenlosigkeit geworben worden sei. Im Übrigen habe die Beklagte nicht dargelegt, dass eine Befunderhebung, bei der modernste Geräte und Software zum Einsatz komme, üblicherweise nicht gesondert zu vergüten sei.
Kein Einzelfall: auch kostenlose Beratung bei Magenverkleinerung unzulässig
Erst kürzlich hat auch das LG Bochum einer Fachklinik, die unter anderem für Magenverkleinerungen warb, die Werbung mit einer kostenlosen Beratung untersagt (LG Bochum, Urteil vom 11.06.2024, Az. I-18 O 21/23, nicht rechtskräftig). Auch hier stellte das Gericht entscheidend darauf ab, wie der angesprochene Verbraucher die Werbung verstehe. Nach der Auffassung des Gerichts kam es daher nicht entscheidend darauf an, dass – wie die Gegenseite vortrug – die Erstberatung tatsächlich nicht durch Ärzte stattfand. Dass eine umfassende Beratung mit einem Behandlungsangebot ohne medizinische Kenntnisse unterbreitet werde, sei fernliegend. Aber eine derart umfassende Beratung würde aus Sicht der Kunden auch dann eine üblicherweise kostenpflichtige Leistung darstellen, wenn sie etwa von Ernährungsberatern erbracht würde.
Fazit der Wettbewerbszentrale
Patienten sollen nach dem Sinn und Zweck der Regeln des HWG nicht durch kostenlose Anreize zu weitreichenden geschäftlichen Entscheidungen veranlasst werden. Flankiert wird dies durch die ärztliche Gebührenordnung (GOÄ), die eine angemessene Honorierung ärztlicher Leistungen sicherstellen sollen. Was Patienten in den genannten Fällen als attraktives Angebot erscheinen mag, verzerrt aus Sicht der Wettbewerbszentrale letztlich den Wettbewerb.
Weiterführende Informationen
ck
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