Das Kammergericht hat in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale einem Apotheker untersagt, rezeptfreie apothekenpflichtige Arzneimittel (OTC-Produkte) mit einem Preisvorteil gegenüber dem „AVP“ zu bewerben (Kammergericht, Urteil vom 17. Januar 2014, Az. 5 U 89/13; F 4 0556/12). Der Apotheker hatte seine günstigen Preise einem höheren, als „AVP“ bezeichneten Preis gegenübergestellt, der als Apothekenverkaufspreis erläutert wurde. Auf einer Unterseite, die per Link erreichbar war, wurde der „AVP“ ausführlich erläutert.
Für rezeptfreie, apothekenpflichtige Arzneimittel gibt es keine Preisbindung. Für dieses Sortiment hat der Gesetzgeber 2004 ausdrücklich und mit dem Ziel eines stärkeren Preiswettbewerbs die Preisbindung aufgehoben. Lediglich in den wenigen Fällen, in denen diese Medikamente ausnahmsweise von der Krankenkasse erstattet werden, muss der Hersteller nach § 78 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz AMG, einen gesetzlichen Verkaufspreis melden. Es steht dem Hersteller frei, daneben eine unverbindliche Preisempfehlung auszusprechen.
Nach Auffassung des Kammergerichts erweckt die Apotheke den Eindruck, sie biete rezeptfreie Arzneimittel zu einem Preis an, der unter dem vom Hersteller unverbindlich vorgegebenen Preis für die Abgabe an den Endverbraucher liege. Denn der Verbraucher halte den „AVP“ für eine solch unverbindliche Preisempfehlung. Dies sei sie aber gerade nicht, sondern der Apothekenverkaufspreis sei ausschließlich für die Abrechnung der Apotheken mit den gesetzlichen Krankenkassen bestimmt. Das Gericht ließ sich auch nicht von dem Argument der Gegenseite überzeugen, es handele sich um einen relevanten Referenzpreis, den der überwiegende Teil der Apotheken nehme. Selbst wenn es – so die Richter – gängige Praxis der Vertreiber von Apothekensoftware sei, den für die Abrechnung der Apotheken mit den gesetzlichen Krankenkassen bestimmten Preis aus der Lauer-Taxe als Verkaufspreis voreinzustellen, werde daraus auch dann keine unverbindliche Preisempfehlung des pharmazeutischen Herstellers, wenn die Mehrheit der Apotheker diesen Preis übernehme. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass es sich bei den beworbenen Ersparnismöglichkeiten um „reine Phantasieprodukte des Beklagten“ handele.
Die Wettbewerbszentrale ist bereits in der Vergangenheit gegen derartige Preiswerbung vorgegangen. Mit Urteil vom 14.11.2013 (Az. 2 U 182/12; F 4 0946/11) hat bereits das OLG Stuttgart die werbliche Herausstellung „40 % auf den bisherigen Preis nach ABDA“ als irreführend im Sinne der §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG untersagt. Die Aussage erwecke beim Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, es habe für das beworbene Produkt bislang einen festen Preis gegeben. Das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 14.01.2014 (Az. 312 O 139/13; F 4 0713/12) die Preisgegenüberstellung mit einem höheren Apothekenverkaufspreis „AVP-Apothekenverkaufspreis (Quelle: ABDA Artikelstamm)“ als irreführend verboten. Mit Urteil vom 05.09.2013 (Az. 3 08 O 28/12; F 4 0866/11) hatte das LG Frankfurt die Aussage „Alle Preise liegen weit unter dem unverbindlichen Apotheken-Verkaufspreis des Herstellers nach Lauer-Taxe (AVP)“ untersagt. Der Verbraucher nehme irrig an, bei dem AVP handele es sich um eine unverbindliche Preisempfehlung auch gegenüber dem Verbraucher. Dagegen hat das LG Braunschweig mit Urteil vom 07.11.2013 (Az. 22 O 1125/13; F 4 0155/13) den Hinweis auf Preisersparnisse unter Bezugnahme auf einen „einheitlichen Apothekenabgabepreis zur Verrechnung mit der Krankenkasse“ für zulässig erachtet. Die letztgenannten Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Erst eine höchstrichterliche Entscheidung wird wohl eine endgültige Klärung bringen.
(F 4 0556/12)
ck
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