Home News Irreführende Werbung für Legal-Tech-Dienstleistungen beschäftigt zunehmend die Gerichte – Wettbewerbszentrale beanstandet Werbung eines Portals für Abfindungsforderungen

Irreführende Werbung für Legal-Tech-Dienstleistungen beschäftigt zunehmend die Gerichte – Wettbewerbszentrale beanstandet Werbung eines Portals für Abfindungsforderungen

Die Rechtsprechung muss sich zunehmend mit vollmundigen Werbeaussagen von sogenannten Legal-Tech-Unternehmen beschäftigen. Unter Legal Tech (Technology) versteht man die Nutzung von IT im Bereich des Rechts.

Die Rechtsprechung muss sich zunehmend mit vollmundigen Werbeaussagen von sogenannten Legal-Tech-Unternehmen beschäftigen. Unter Legal Tech (Technology) versteht man die Nutzung von IT im Bereich des Rechts. Zunächst ist der Einsatz von Software gemeint, mithilfe derer Rechtsdienstleistungen online zugänglich gemacht werden, Programme, die Gerichtsurteile auswerten, Rechtsfragen standardisieren, juristische Prozesse vereinfachen und die Arbeit eines Rechtsanwalts durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und Machine Learning unterstützen. Mit Legal Tech entstehen neue Geschäftsmodelle wie Anbieter digitaler Rechtsdienstleistungen, die im Internet um das Mandat von Verbrauchern zur Durchsetzung von Forderungen aller Art werben. Verbrauchern soll damit der Zugang zur Durchsetzung Ihrer Rechte auch ohne Musterfeststellungs- oder Sammelklage vereinfacht und niedrigschwellig ermöglicht werden.

Irreführende Werbung für die Durchsetzung von arbeitsrechtlichen Abfindungsansprüchen
Schon die Werbung der ersten Anbieter am Markt haben die Gerichte beschäftigt. So warb im Juli 2017 ein Portal mit der Prüfung und Durchsetzung vermeintlicher arbeitsrechtlicher Abfindungansprüche im Falle einer Kündigung oder dem Ausscheiden aus dem Unternehmen.
Das Portal war mit Aussagen wie „Jeder hat ein Recht auf Abfindung“ und der Übernahme des Prozesskostenrisikos im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Da nicht jede Beendigung eines Arbeitsverhältnisses einen Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers auslöst, war diese Werbung nach Auffassung des LG Bielefeld (Urteil vom 01.08.2017, Az. 15 O 67/17) irreführend. Auch die beworbene Übernahme des Prozesskostenrisikos erfolgte nicht in jedem Fall, so dass auch diese Aussage als irreführend untersagt wurde.

„Kostenlos Bußgeld los“
Im gleichen Jahr warb ein anderes Portal mit der Abwehr von Bußgeldbescheiden aus straßenverkehrsrechtlichen Vergehen. Auch hier wurden die angebotenen Dienstleistungen an mehreren Stellen des Internetauftritts beworben mit Hinweisen wie „Kostenlos Bußgeld los“ beziehungsweise „Alle Entstandenen Kosten werden übernommen“. Diese Aussagen waren nach Auffassung des LG Hamburg (LG Hamburg, Urteil vom 10.10.2017, Az. 312 O 477/16) ebenfalls irreführend, weil das Portal lediglich eine auf Algorithmen gestützte Prüfung der Erfolgsaussichten vornahm. Die danach erforderliche Beauftragung eines Anwalts gegen Entgelt wurde nur dann vorgenommen, wenn das Portal für den Fall hinreichende Erfolgsaussichten sah.

Portale für Fluggastrechte
Zwei aktuelle Fälle betreffen Portale, die sich auf die Durchsetzung von Fluggastrechten spezialisiert haben. Ein Portal bot den Ankauf von Ersatzansprüchen bei Flugverspätungen an und warb dafür in einer Google AdWords Anzeige mit dem Hinweis: „Jetzt kostenlos Anspruch berechnen! Schnell und ohne Risiko 600 Euro“. Diese Werbung war nach Auffassung des LG Köln(Urteil vom 20.06.2018, Az. 84 O 45/18) allein deswegen irreführend, weil in der Werbung nicht deutlich wurde, dass der Portalbetreiber von der Entschädigung immer 14,5% zzgl. Mehrwertsteuer einbehält und der Verbraucher deswegen in keinem einzelnen Fall tatsächlich 600 Euro Entschädigung für sich ausgezahlt erhalte. Über diesen Umstand hätte das Portal den Verbraucher bereits in der Werbeanzeige aufklären müssen. In einem anderen Fall bewarb ein Portal in Rahmen einer AdWords Werbung mit dem Slogan „Wir zahlen bis zu 400 Euro innerhalb von 24 Stunden“ Auch diese Aussage wurde als irreführend untersagt, in diesem Fall vom LG Duisburg (Urteil vom 28.06.2018, Az. 21 O 31/18). Denn das Portal warb an andere Stelle mit Auszahlungsbeträgen zwischen 152 und 352 Euro, so dass schon nach den eigenen Angaben die Werbung so nicht stimmte. Das LG Duisburg beanstandete auch die Tatsache, dass für den Verbraucher die konkrete Entschädigung „völlig unberechenbar und nicht durchschaubar“ sei.

Beanstandung durch die Wettbewerbszentrale
Auch die Wettbewerbszentrale hat aktuell die Werbung eines Portals für die Durchsetzung arbeitsrechtliche Abfindungen beanstandet. Das Portal bewarb wie in dem vom LG Bielefeld entschiedenen Fall den Ankauf von arbeitsrechtlichen Abfindungsforderungen mit dem Slogan „Jetzt Abfindung ohne Kosten erhalten – Einfach.Blitzschschnell.Online“ Tatsächlich sah das Portal in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch vor, dass lediglich 60-80% der Abfindungsforderung tatsächlich beim Auftrag gebenden Arbeitnehmer verbleiben. Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale ist die Werbung damit nicht nur irreführend. Sie verstößt auch gegen die Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, wonach es per se unzulässig ist, eine Dienstleistung als „kostenfrei“ zu beschreiben, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind. Das Unternehmen hat signalisiert, die Werbung in Zukunft zu ändern, die Gespräche dazu sind noch nicht abgeschlossen.

„Die Fälle zeigen, das beim Angebot von Legal-Tech-Dienstleistungen immer wieder versucht wird, mit unvollständigen oder falschen Informationen Kunden zu gewinnen“ bewertet Rechtsanwalt Peter Breun-Goerke von der Wettbewerbszentrale die aktuellen Urteile und Fälle. „So hilfreich solche Dienstleistungen für den Verbraucher auch sein können, muss man darauf achten, ob die in der Werbung versprochenen Leistungen tatsächlich auch zu den dort genannten Bedingungen angeboten werden“ so Breun-Goerke weiter.

pbg

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