Eine große Elektronikmarktkette warb in Werbeprospekten, die Zeitungen beigelegt waren, für den Verkauf verschiedener Handys. Unter der Überschrift „Vertragsfreie Handys“ wurden Geräte der Firmen Nokia, Sony, Samsung und das Apple iPhone 4 zum Verkauf angeboten. Das iPhone wurde besonders hervorgehoben zum Preis von 99 € angeboten, wobei sich neben dem Preis eine Erläuterungszahl befand, die jedoch in der Werbung nicht aufgelöst wurde. Unmittelbar unter dem Kaufpreis von 99 € und der Beschreibung des Handys wurde dann das gleiche Handy mit einem Telefonvertrag angeboten zum Preis von 45 € monatlich, wobei dieses Angebot dann in sehr viel kleinerer Schrift umfangreich hinsichtlich seiner Konditionen und dem Abschluss eines Kartenvertrages erläutert wurde. Tatsächlich konnten Kunden, die das iPhone erwerben wollten, dieses grundsätzlich nur mit einem Kartenvertrag erwerben, so dass es sich bei den im Blickfang herausgestellten 99 € zwar um den Kaufpreis handelte, der aber nur gelten sollte, wenn gleichzeitig ein Kartenvertrag abgeschlossen wurde.
Den Vorwurf der Irreführung wies das Unternehmen mit dem Argument zurück, dass jedem durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher in Deutschland bekannt sei, dass es das iPhone 4 niemals für 99 € geben würde. Die Verbraucher würden sofort merken, dass etwas in der Werbeanzeige nicht stimme.
Das Landgericht Hanau (Urteil vom 28.09.2011, AZ 5 O 52/11 (F 5 0365/11)) folgte der Auffassung der Wettbewerbszentrale, dass die konkrete Werbung (siehe Bild) Verbraucher in die Irre führt, weil er unter der Überschrift „Vertragsfreie Handys“ solange ein Angebot eines nicht vertragsgebundenen Handys erwarte, bis er durch entsprechende Hinweise vom Gegenteil erfährt. Ein solcher Hinweis habe bei der Preisangabe „99 €“ gefehlt, insbesondere auch deswegen, weil sich die in der Werbung enthaltenen Erläuterungen zu dem Kartenvertrag auf die weitere Preisangabe zu den monatlichen Kosten des neben dem Handys angebotenen Kartenvertrages bezogen. Das Gericht hielt der Beklagten auch vor, dass, wer unter der Überschrift „Keiner schlägt die Nr. 1“ damit wirbt, besonders günstige Preise anzubieten, damit rechnen muss, dass Verbraucher die Erklärung, dass das Telefon für 99 € abgegeben werden soll, ernst nehmen. Der im unteren Teil der Werbung angebotene Abschluss eines Kartenvertrages weise keinerlei Beziehung zu dem Kaufpreis auf, so dass der Verbraucher eine solche auch nicht herstelle. Das Landgericht Hanau schloss sich damit der von der Wettbewerbszentrale vertretenen Auffassung an und verurteilte das Unternehmen zur Unterlassung derart irreführender Werbung.
pbg
F 5 0365/11
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